Zuletzt aktualisiert am 28. August 2020 von Dr. Jan Höpker.
Der Kreis der Schrottbuch-Unternehmer, die sich mit Hilfe von gekauften Rezensionen bei Amazon die Taschen vollmachen, wird stetig größer. In dieser Ergänzung zu meinem Artikel Die Zerstörung der Fake-Ratgeber möchte ich zeigen, welches Ausmaß der Rezensionsbetrug im Bereich der Sach‑, Koch- und Ratgeberbücher bereits angenommen hat.
Was Schrottbücher und Fake-Experten sind, wird im Hauptartikel (s. o.) erklärt.
Inhaltsverzeichnis
Vom Start weg ungewöhnlich viele Rezensionen
In den ersten Wochen nach der Veröffentlichung erhalten die Schrottbücher der Fake-Experten typischerweise aberwitzig viele positive Rezensionen – und dann kommen ganz plötzlich keine neuen Rezensionen mehr dazu.
Seltsamerweise lässt der zeitliche Verlauf des Bestseller-Ranges – einer Kennzahl, die angibt, wie oft das Buch in letzter Zeit gekauft wurde – jedoch keinen ähnlich dramatischen Rückgang der Verkaufszahlen erkennen. Im Gegenteil: Oftmals geht es mit den Verkäufen jetzt erst richtig los. Was geht hier vor sich?
Um diesem seltsamen Phänomen auf den Grund zu gehen, habe ich die Rezensionen von neun Büchern aus meiner Nische Fokus und Konzentration analysiert:
- Dr. Jan Höpker – Erfolg durch Fokus & Konzentration (mein Buch)
- Martin Krengel – Golden Rules
- Cal Newport – Konzentriert arbeiten
- Christopher Lodge – Erfolg durch Fokus und Konzentration
- Next Level Academy – Konzentration, Achtsamkeit und Fokus lernen
- Stefan Sorger – Konzentration
- Matthias Brandt – ZEIT & FOKUS
- Die Lernprofis – Konzentriert Arbeiten
- Vincent Matthiesen – FOKUS & KONZENTRATION
Die ersten drei Bücher stammen von real existierenden Autoren: Jan Höpker (der Autor dieses Artikels), Martin Krengel und Cal Newport.
Die anderen sechs Titel sind Schrottbücher von Fake-Experten: Christopher Lodge, Next Level Academy, Stefan Sorger, Matthias Brandt, Die Lernprofis und Vincent Matthiesen.
Zum Zeitpunkt meiner Analyse (Mai 2020) hatten die neun Bücher zwischen 58 und 213 Rezensionen.
Wann wurden die Rezensionen veröffentlicht?
Abbildung 1 zeigt die Anzahl der pro Monat veröffentlichten Rezensionen. Gezeigt sind die ersten 17 Monate nach der Veröffentlichung des jeweiligen Buches.

Abbildung 1: Wann wurden die Rezensionen veröffentlicht? | Das Diagramm zeigt, wie viele Rezensionen die Bücher in den einzelnen Monaten erhalten haben. Gezeigt sind die ersten 17 Monate nach der Veröffentlichung des jeweiligen Buches. Die Auszählung erfolgte per Hand (Stand: 10.05.2020).
Wie man Abbildung 1 entnehmen kann, wurden die Bücher der real existierenden Autoren (grün) von Anfang an nur sporadisch rezensiert, während die Schrottbücher der Fake-Experten (rot) in den ersten Monaten außergewöhnlich oft und später so gut wie gar nicht mehr rezensiert wurden.
Von wem stammen die Rezensionen?
Die allermeisten Rezensenten lassen sich einer von zwei Gruppen zuordnen, die ich als Normal-Rezensenten und Ultraviel-Rezensenten bezeichnen möchte.
- Normal-Rezensenten zeigen ein Verhalten, wie man es von einem gewöhnlichen Amazon-Kunden erwarten könnte: gelegentlich veröffentlichen sie eine Rezension, aber insgesamt haben sie nicht mehr als eine mittlere zweistellige Anzahl an Rezensionen veröffentlicht.
- Ultraviel-Rezensenten haben bereits Hunderte oder sogar mehr als tausend Rezensionen veröffentlicht, zu denen täglich weitere hinzukommen.
Natürlich gibt es auch einen Graubereich, aber der ist so dünn besiedelt, dass man ihn vernachlässigen kann. Fast alle Rezensenten haben entweder weniger als 50 oder mehr als 250 Rezensionen veröffentlicht. (Wie viele Rezensionen ein Rezensent veröffentlicht hat, erfährt man, wenn man bei Amazon auf den Namen des Rezensenten klickt.)
Wie Abbildung 2 beispielhaft zeigt, wurden die Bücher der real existierenden Autoren (grün) mehrheitlich von Normal-Rezensenten rezensiert, während die Rezensionen der Schrottbücher (rot) mehrheitlich von Ultraviel-Rezensenten stammten.

Abbildung 2: Aufschlüsselung der Rezensenten von zwei Fake-Ratgebern (rot) und zwei Büchern real existierender Autoren (grün) | Gemäß der Anzahl an Rezensionen (Rezis), die sie laut ihrem Profil in Summe bereits veröffentlicht haben, wurden die Rezensenten je einer von vier Gruppen zugeteilt: 1–10 Rezis, 11–50 Rezis, 51–250 Rezis und >250 Rezis. Das Diagramm zeigt, wie die Rezensenten der vier Bücher auf die vier Gruppen verteilt sind. Die Auszählung erfolgte per Hand (Stand: 10.05.2020).
In der Standardeinstellung zeigt das öffentliche Rezensentenprofil neben der Anzahl der bisher veröffentlichten Rezensionen außerdem noch an, welche Produkte rezensiert wurden. Wenn ein Rezensent Letzteres nicht möchte, muss er sein Profil auf privat stellen.
Wie man Abbildung 3 entnehmen kann, sind die Profile der meisten Schrottbuch-Rezensenten (rot) auf privat gestellt, d. h. man will sich nicht in die Karten bzw. Rezensionen schauen lassen. Bei den Rezensenten, die die Bücher der real existierenden Autoren rezensiert haben (grün) gibt es hingegen kaum Geheimnistuerei: Bei nur zwei Prozent von ihnen war das Profil auf privat gestellt.

Abbildung 3: Öffentlich einsehbar oder auf privat gestellt? | Auf privat gestellte Rezensentenprofile findet man so gut wie nur bei den Rezensenten der Schrottbücher (rot). Die Auszählung erfolgte per Hand (Stand: 10.05.2020).
Das ist seltsam: Einerseits wollen die Rezensenten der Schrottbücher, dass ihre Rezensionen öffentlich sichtbar sind, denn genau das ist der Sinn und Zweck einer Rezension. Gleichzeitig wollen sie, dass ihre Rezensionen nicht sichtbar sind, sonst hätten sie ihre Profile nicht auf privat gestellt. Diese Rezensenten wollen also gleichzeitig bremsen und gasgeben. Was macht das für einen Sinn?
Was haben die Rezensenten der Schrottbücher zu verbergen?
Nehmen wir einmal an, die Ultraviel-Rezensenten der Schrottbücher wären – verbotenerweise – für ihre Rezensionen bezahlt worden. Könnten nicht ihre Auftraggeber ein privates Profil verlangt haben? Ich denke schon.
Wenn ich ein Schrottbuch-Unternehmer wäre und Rezensionen kaufen würde, dann würde ich ganz bestimmt auch nicht wollen, dass diejenigen, die die Bücher kaufen sollen, sehen können, dass die Rezensionen von Rezensenten stammen, die zum Teil mehrmals täglich(!) mutmaßliche Schrottbücher mit nichtssagender Lobhudelei bewertet haben.
Wie plausibel ist diese Hypothese?
Schauen wir doch einfach nach! Mithilfe der Webseite reviewmeta können wir den Rezensenten in die Karten schauen. Dazu müssen wir nur die URL der Verkaufsseite des zu analysierenden Buches in die Suchmaske kopieren und auf den Go-Button klicken.
Reviewmeta verrät uns, welche Bücher und anderen Produkte von den Rezensenten des von uns eingegebenen Buches ebenfalls rezensiert wurden. Es werden bis zu neun Produkte mit der höchsten Übereinstimmung angezeigt.
Zunächst möchte ich zwei Bücher von real existierenden Autoren analysieren, um zu zeigen, wie ein natürliches Ergebnis aussieht. Abbildung 4 zeigt die Analyse der Rezensenten meines Buches Erfolg durch Fokus & Konzentration. Wie man sieht, beträgt die Übereinstimmung mit anderen Produkten nur ein bis drei Prozent.

Abbildung 4: Analyse der Rezensenten mit reviewmeta (Screenshot) | Die Rezensenten, die mein Buch Erfolg durch Fokus & Konzentration rezensiert haben, haben auch diese Produkte rezensiert. (Stand: 10.05.2020).
Bei dem Buch Golden Rules des real existierenden Autors Martin Krengel sieht es ähnlich aus:

Abbildung 5: Analyse der Rezensenten mit reviewmeta (Screenshot) | Die Rezensenten, die das Buch Golden Rules von Martin Krengel rezensiert haben, haben auch diese Produkte rezensiert (Stand: 10.05.2020).
Schauen wir uns nun die Schrottbücher der Fake-Experten an!
Abbildung 6 zeigt die Auswertung des Schrottbuches ZEIT & FOKUS von Matthias Brandt. Mit über 60 Prozent ist die Übereinstimmung mit anderen Titeln ungewöhnlich hoch:

Abbildung 6: Analyse der Rezensenten mit reviewmeta (Screenshot) | Die Rezensenten, die das Schrottbuch ZEIT & FOKUS des Fake-Experten Matthias Brandt rezensiert haben, haben auch diese Produkte rezensiert (Stand: 10.05.2020).
Bei dem Schrottbuch FOKUS & KONZENTRATION des Fake-Experten Vincent Matthiesen sieht die Auswertung ähnlich aus. Mehr als 60 Prozent Übereinstimmung mit anderen Titeln:

Abbildung 7: Analyse der Rezensenten mit reviewmeta (Screenshot) | Die Rezensenten, die das Schrottbuch FOKUS & KONZENTRATION des Fake-Experten Vincent Matthiesen rezensiert haben, haben auch diese Produkte rezensiert (Stand: 10.05.2020).
In Worten: 65 der 85 Rezensenten, die FOKUS & KONZENTRATION von Vincent Matthiesen rezensiert haben, haben auch BARF – Artgerechte Rohfütterung für Hunde von Theodor Roswell rezensiert.
Anders formuliert: Nur 20 der 85 Rezensenten des Buches von Matthiesen haben das Buch von Roswell nicht rezensiert! Man stelle sich vor, man kommt in einen Raum mit 85 Personen und 65 davon haben am gleichen Tag Geburtstag. Das kann kein Zufall sein!
Wie lässt sich die hohe Übereinstimmung erklären?
Ganz einfach: Hinter fast allen Büchern, die in Abbildung 6 und 7 zu sehen sind, steckt ein und derselbe Schrottbuch-Unternehmer: Stefan Mähleke aus Barsinghausen bei Hannover. Ebenfalls mit von der Partie: Jan Sergienko und Noah Malik bzw. deren Loewenstein Bücher&Medien GmbH aus Hamburg.
Im Hauptartikel Die Zerstörung der Fake-Ratgeber hatte ich bereits gezeigt, dass die drei Personen eng zusammenarbeiten. Scheinbar teilen sie sich auch eine Armada an Rezensenten. Welches ihrer Bücher man auch immer von reviewmeta analysieren lässt, das Tool findet immer eine absurd hohe Übereinstimmung mit anderen Büchern des Trios.
Bis zu diesem Punkt hatte ich das Rätsel schon im Januar gelöst. Leider konnte ich aber nicht beweisen, dass die Rezensenten für das Rezensieren mit Geld oder Gegenrezensionen (sogenannter »Rezi-Tausch«) bezahlt werden.
Die Rezensionen wurden gekauft (der Beweis)
In der Zwischenzeit habe ich das fehlende Puzzleteil unter einem Jobangebot bei machdudas gefunden, einem Portal für Neben‑, Mini- und Heimarbeit-Jobs. Wie man dem Screenshot (Abbildung 8) entnehmen kann, hat Frau M. Pferdekämper auf ein Jobangebot geantwortet, bei dem es um bezahlte Produktbewertungen geht.

Abbildung 8: Bewertung gegen Bezahlung (Screenshot*) | Unter dem Alias »Nenona« bringt sich Frau M. Pferdekämper auf dem Job-Portal machdudas als bezahlte Produkttesterin ins Spiel. [*Alle für den Beweis unwichtigen Postings anderer User habe ich aus dem Screenshot entfernt. Um alle Postings anzusehen, bitte oben auf den Link klicken.] (Update 14.06.2020: In der Zwischenzeit hat Nenona das Profilfoto entfernt.)
Sowohl der Name als auch die Person auf dem Foto kamen mir bekannt vor. Und tatsächlich: Bei Amazon verwendet die Rezensentin M. Pferdekämper das gleiche Foto (siehe Abbildung 9). Gleicher Name, gleiches Foto. Bingo!

Abbildung 9: M. Pferdekämper bei Amazon (Screenshot) | Die Rezensentin M. Pferdekämper verwendet den gleichen Namen und das gleiche Foto wie der User Nenona bei machdudas (siehe Abbildung 8). (Update 14.06.2020: In der Zwischenzeit hat M. Pfedekämper das Profilfoto entfernt und den Namen geändert. Außerdem ist ein Großteil ihrer Rezensionen verschwunden.)
Update 14.06.2020: In der Zwischenzeit hat M. Pferdekämper das Profilfoto bei Amazon entfernt und den Name geändert. Außerdem ist ein Großteil ihrer Rezensionen gelöscht worden.
Später habe ich M. Pferdekämper außerdem noch in einer einschlägigen Gruppe bei Facebook auf zwei ähnliche Jobangebote antworten sehen. In beiden Fällen wurden Personen gesucht, die bereit sind, sich für das Veröffentlichen von Rezensionen mit Geld bezahlen zu lassen (siehe Abbildung 10 und 11).

Abbildung 10: Rezension gegen Bezahlung (Screenshot) | M. Pferdekämper bekundet großes Interesse an einem Job, bei dem E‑Books gegen Bezahlung heruntergeladen und rezensiert werden sollen. Der Auftraggeber wirbt mit einem Arbeitsaufwand von maximal fünf Minuten am Tag, was vermuten lässt, dass der Job darin besteht, bereits vorformulierte Rezensionen per Copy & Paste zu veröffentlichen.

Abbildung 11: Rezension gegen Bezahlung (Screenshot) | M. Pferdekämper möchte sich für das Kaufen und Rezensieren von E‑Books bezahlen lassen. Wie man dem Angebot entnehmen kann, hängt die Bezahlung von einem Screenshot der veröffentlichten Rezension ab. Wer würde unter diesen Bedingungen weniger als fünf Sterne vergeben? Vermutlich niemand, denn eine ehrliche Bewertung könnte nach sich ziehen, dass man keine Folgeaufträge erhält. Aus dem gleichen Grund ist auch der Tausch von Rezensionen (sogenannter »Rezi-Tausch«) zu Recht verboten.
Damit dürfte bewiesen sein, dass die Rezensentin M. Pferdekämper kein fanatischer Fan von Schrottbüchern ist, sondern jemand, der für das Rezensieren von Büchern bezahlt wird.
Zwischen Anfang Februar und Mitte Mai 2020 hat M. Pferdekämper sage und schreibe 48 der 122 mir bekannten Bücher von Stefan Mähleke und Jan Sergienko bzw. dessen Loewenstein Bücher&Medien GmbH bei Amazon rezensiert.
Update 14.06.2020: Anfang Juni 2020 wurde der Großteil der Rezensionen von M. Pferdekämper entfernt. Glücklicherweise hatte ich Screenshots gemacht, die beweisen, dass sie alle existiert haben:
- Matthias Brandt: ERFOLG IN DER SCHULE (3. Februar) Screenshot
- William Lakefield: GELD SPAREN (3. Februar) Screenshot
- Konrad Sewell: Körpersprache (5. Februar) Screenshot
- William Lakefield: PASSIVES EINKOMMEN (5. Februar) Screenshot
- Vincent Matthiesen: FOKUS & KONZENTRATION (6. Februar) Screenshot
- William Lakefield: TECHNISCHE ANALYSE (7. Februar) Screenshot
- William Lakefield: ETF FÜR EINSTEIGER (7. Februar) Screenshot
- Victoria Lakefield: PSYCHOLOGIE FÜR ANFÄNGER (7. Februar) Screenshot
- Matthias Brandt: Das große 4‑in-1-Buch (12. Februar) Screenshot
- Konrad Sewell: Das 4 in 1 Buch (14. Februar) Screenshot
- Matthias Brandt: ZEIT & FOKUS (14. Februar) Screenshot
- Theodor Roswell: BARF (14. Februar) Screenshot
- Konrad Sewell: VISUALISIERUNG (18. Februar) Screenshot
- Vital Experts: STEOFFWECHSEL BESCHLEUNIGEN (19. Februar) Screenshot
- Marie Sommer: ENTWICKLUNGSPSYCHOLOGIE (20. Februar) Screenshot
- Victoria Lakefield: GELASSENHEIT LERNEN (20. Februar) Screenshot
- Vincent Matthiesen: FACEBOOK MARKETING (24. Februar) Screenshot
- Vital Experts: KOLLOIDALES SILBER (24. Februar) Screenshot
- Vital Experts: MUSKELAUFBAU FÜR BERUFSTÄTIGE (27. Februar) Screenshot
- Vital Experts: PLASTIKFREI LEBEN (28. Februar) Screenshot
- Vincent Matthiesen: Das große 4 in 1 Buch (8. März) Screenshot
- Annika Durand: VISUALISIERUNG (8. März) Screenshot
- Vital Experts: FETT VERBRENNEN FÜR BERUFSTÄTIGE (8. März) Screenshot
- Victoria Lakefield: SELBSTWERT STÄRKEN (8. März) Screenshot
- Kristin Berger-Loewenstein: RESILIENZ (8. März) Screenshot
- William Lakefield: RUHESTAND (10. März) Screenshot
- Kristin Berger-Loewenstein: GELASSENHEIT LERNEN (13. März) Screenshot
- Vital Experts: Das Große 4 in 1 Buch (17. März) Screenshot
- Marie Sommer: KINDERERZIEHUNG (17. März) Screenshot
- Julius Löwenstein: SELBSTBEWUSSTSEIN (21. März) Screenshot
- Theodor Roswell: Welpenerziehung (22. März) Screenshot
- Vincent Matthiesen: INSTAGRAM MARKETING (22. März) Screenshot
- Konrad Sewell: NLP FÜR ANFÄNGER (22. März) Screenshot
- Konrad Sewell: Führungskraft (25. März) Screenshot
- Kristin Berger-Loewenstein: NLP FÜR ANFÄNGER (29. März) Screenshot
- Julius Löwenstein: RHETORIK (30. März) Screenshot
- William Lakefeld: AKTIEN FÜR EINSTEIGER (3. April) Screenshot
- William Lakefield: Das Große 4 in 1 Buch (7. April) Screenshot
- Theodor Roswell: Das Große 4 in 1 Hundebuch (15. April) Screenshot
- Victoria Lakefield: Das große 4 in 1 Buch (16. April) Screenshot
- Vital Experts: Das große 4 in 1 Handbuch (17. April) Screenshot
- Victoria Lakefield: Das große 4 in 1 Buch (17. April) Screenshot
- Victoria Lakefield: Das große 4 in 1 Buch (18. April) Screenshot
- Matthias Brandt: GEWOHNHEITEN ÄNDERN (19. April) Screenshot
- Konrad Sewell: Manipulationstechniken (19. April) Screenshot
- Marie Sommer: Das Große 4 in 1 Buch (20. April) Screenshot
- Kristin Berger-Loewenstein: ATEMTECHNIKEN (21. April) Screenshot
- William Lakefield: DAYTRADING FÜR EINSTEIGER (5. Mai) Screenshot
Im gleichen Zeitraum hat M. Pferdekämper auch noch viele weitere Schrottbücher anderer Fake-Experten rezensiert. Da ihr Profil die meiste Zeit über nicht auf privat gestellt war, konnte man live mitverfolgen, wie sie am laufenden Band ausschließlich Schrottbücher mit 5‑Sterne-Bewertungen versorgt hat.
Am 21. März zeigte der Zähler in ihrem Rezensentenprofil noch 241 Rezensionen an; am 12. Mai waren es schon 435. Im Schnitt schaffte sie also sportliche 3,7 Rezensionen pro Tag!
Alle Rezensionen von M. Pferdekämper lesen sich wie eine Zusammenfassung des Inhaltsverzeichnisses des entsprechenden Buches. Ob sie die Bücher vor dem Rezensieren gelesen hatte? Wohl kaum!
Wie verbreitet sind gekaufte Rezensionen?
Jemand, dessen Buch bereits Dutzende positive Rezensionen auf natürlichem Wege erhalten hat, wird nicht noch weitere Rezensionen dazukaufen und sich dadurch strafbar machen.
Dieser Logik folgend ist davon auszugehen, dass ein großer Teil der positiven Rezensionen von Ultraviel-Rezensenten, die ein Schrottbuch bereits hatte, bevor es von M. Pferdekämper rezensiert wurde, ebenfalls gekauft worden sind.
Und die Rezensenten, von denen diese gekauften Rezensionen stammen, werden auch anderen Schrottbuch-Unternehmern Rezensionen verkauft oder Rezensionen mit ihnen getauscht haben.
Wie groß ist die Zahl der Schrottbücher, bei denen die positiven Rezensionen zu großen Anteilen gekauft sind? Und wie viele Rezensenten der Sorte M. Pferdekämper treiben bei Amazon ihr Unwesen? Schon im Januar hatte ich gut zwei Wochen meiner Lebenszeit in die Beantwortung dieser Fragen investiert.
Mein Ergebnis: Mehr als die Hälfte von mindestens 100.000 positiven Rezensionen zu mehr als 1.000 Sach‑, Koch- und Ratgeberbüchern stammen von nur wenig mehr als 200 Rezensenten, die ich im Folgenden als »BlackHat-Rezensenten« bezeichnen möchte. (Stand: Januar 2020)
Im Durchschnitt hatte jeder BlackHat-Rezensent 232 der rund 1.000 von mir registrierten Schrottbücher rezensiert. Mittlere Durchschnittsbewertung: 4,91 Sterne.
Wie nicht anders zu erwarten, stammen fast alle positiven Rezensionen der Schrottbücher von Stefan Mähleke und der Loewenstein Bücher&Medien GmbH von den BlackHat-Rezensenten. Bei diesen Büchern war der Anteil ganz besonders hoch (Stand: Januar 2020):
- ZEIT & FOKUS von Matthias Brandt: 96 von 110 (87%)
- SELBSTDISZIPLIN von Konrad Sewell: 89 von 111 (80%)
- POSITIVE PSYCHOLOGIE von Victoria Lakefield: 50 von 67 (75%)
- DAYTRADING FÜR EINSTEIGER von William Lakefield: 91 von 118 (77%)
- GEWALTFREIE KOMMUNIKATION von Julius Löwenstein: 80 von 90 (89%)
- PROJEKT MANAGEMENT von Vincent Matthiesen: 92 von 110 (84%)
- GESETZ DER ANZIEHUNG von Kristin Berger-Loewenstein: 87 von 101 (86%)
- QUANTENHEILUNG von Vital Experts: 90 von 107 (84%)
- SCHLAGFERTIGKEIT von Annika Durand: 85 von 106 (80%)
Aktuell scheint es bei Amazon nur zwei Sorten von Sach‑, Koch- und Ratgeberbüchern zu geben: (1.) Bücher, die von keinem einzigen BlackHat-Rezensenten rezensiert wurden, und (2.) Bücher, bei denen ein großer Teil der Rezensionen von den BlackHat-Rezensenten stammt.
Mit anderen Worten: Niemand betrügt nur ein bisschen – entweder es wird nach Strich und Faden betrogen oder überhaupt nicht.
Gekaufte Rezensionen sind nur eine von vielen Waffen, die von den skrupellosen Schrottbuch-Unternehmern eingesetzt werden, um sich auf Kosten von uns allen die Taschen vollzumachen.
Welche weiteren Waffen sie gegen ihre Konkurrenten und die eigenen Kunden einsetzen, und wie wir uns verteidigen können, erkläre ich im Hauptartikel Die Zerstörung der Fake-Ratgeber.
Update 03. Juni 2020
Jemand warf mir vor, ich würde selbst Rezensionen kaufen, denn mein Buch Erfolg durch Fokus & Konzentration habe in den letzten Wochen ungewöhnlich viele Rezensionen erhalten, die nicht als verifizierte Käufe gekennzeichnet sind.
Mein Statement dazu:
Das Buch war von März bis Juni im Prime-Reading-Programm von Amazon und wurde von Tausenden Prime-Kunden kostenlos heruntergeladen. Da die Prime-Kunden das Buch nicht gekauft, sondern kostenlos erhalten haben, sind ihre Rezensionen nicht als verifizierte Käufe gekennzeichnet.
Wie man Abbildung 12 entnehmen kann, hat mein Buch in den letzten dreieinhalb Jahren immer dann vergleichsweise viele Rezensionen erhalten, wenn es aufgrund seiner Teilnahme an Prime-Reading (jeweils zwischen zwei roten gestrichelten Linien) besonders oft gelesen wurde.

Abbildung 12: Viele nicht verifizierte Rezensionen als Folge der Teilnahme meines Buches am Prime-Reading-Programm (Screenshots) | Das obere Diagramm zeigt den Bestseller-Rang des Buches und der untere Teil zeigt die Anzahl der Rezensionen, die das Buch im entsprechenden Monat erhalten hat. Immer wenn das Buch für jeweils drei Monate am Prime-Reading-Programm teilgenommen hatte (zwischen je zwei gestrichelten Linien) hat es viele Rezensionen erhalten, die nicht als verifizierte Käufe gekennzeichnet sind.
Update 04. Juni 2020
Jemand hat meinem Buch Erfolg durch Fokus & Konzentration eine Rezension von M. Pferdekämper spendiert. Gleich nachdem ich sie auf Facebook angeschrieben hatte, um zu erfahren, wer der Auftraggeber war, hat sie die Rezension wieder gelöscht. Eine Antwort blieb sie mir schuldig.
Update 09. Juni 2020
In den letzten Tagen sind Tausende mutmaßlich gekaufte Fake-Rezensionen zu Schrottbüchern verschwunden. Etwa die Hälfte der mir bekannten BlackHat-Rezensenten, darunter auch M. Pferdekämper, haben alle(!) Rezensionen verloren.
Dadurch haben viele Schrottbücher weit mehr als die Hälfte ihrer positiven Rezensionen eingebüßt, während die negativen Bewertungen stehengeblieben sind. Aus 5‑Sterne-Büchern wurden 3‑Sterne-Bücher.
Update 14. Juni 2020
Leider sind die meisten der gelöscht geglaubten Rezensionen der Schrottbücher inzwischen wieder aufgetaucht. Anscheinend waren unbeabsichtigt auch viele legitime Rezensionen gelöscht worden, sodass die ganze Aktion wieder rückgängig gemacht wurden.
Verdienstvolle Recherche. Hat Amazon.de irgendwelche ernstzunehmenden Konsequenzen daraus gezogen?
Danke! Einige der Rezensenten, die Hunderte Schrottbücher rezensiert hatten, wurden von Amazon aus dem Verkehr gezogen (oder sie haben selbst alle ihre Rezensionen gelöscht), aber ernstzunehmende Konsequenzen sind mir nicht bekannt.
Amazon hat die raffiniertesten Algorhythmen der Welt entwickelt um möglichst viele Produkte zu verkaufen. Es wäre ja wohl ein Kinderspiel, dem beschriebenen Treiben völlig automatisiert den Garaus zu machen. Vielleicht nicht gewollt, da durch die Schrottbuchverkäufe ingesamt der Umsatz steigt? Sehr bedauerlich :(
Hallo Jean, ich denke auch, dass Amazon dem Treiben mit Hilfe eines Algorithmus leicht ein Ende setzen könnte. Warum das nicht passiert, ist eine gute Frage ...
Warum werden gerade die Bücher von Stefan Mähleke nicht vom Mark genommen. Die wurden von schlecht bezahlten Ghostwritern ohne Ahnung geschrieben und wohl mit gekauften guten Bewertungen bedacht. Schade dass Amazon diese Bücher nicht vom Markt nimmt.
Ich bin kein Fan von Zensur, deswegen wäre ich dafür, die Bücher nicht vom Markt zu nehmen, sondern nur die gekauften Rezensionen zu entfernen und darauf zu achten, dass keine neuen gekauft werden. Anschließend könnte der Markt entscheiden, was mit den Büchern passieren soll.
Hallo Jan,
Gute Recherche. Aber das sind Klein-Kriminelle.
Schaue dir bitte mal den Selbsthilfe-Bereich an, wo die dicken Fische schwimmen: [Name zensiert], [Name zensiert] – Die Marketing-Firmen kaufen hunderte Fake Rezensionen für das Buch, um die Leute darüber in die Webinare und Seminare zu locken, wo dann richtig abkassiert wird. Hier geht der Schaden in die Millionen.
Hallo Emil,
Danke für deinen Kommentar. Die beiden Namen, die du in deinem Kommentar genannt hast, habe ich vorsichtshalber zensiert, denn »dicke Fische« gehen häufig mit rechtlichen Mitteln gegen unbewiesene Behauptungen vor. Ich habe mir die Bücher der beiden mal bei Amazon angesehen, und zumindest auf den ersten Blick scheinen mir die Rezensionen echt zu sein. Wie kommst du drauf, dass die gekauft sind?
Viele Grüße, Jan
Vielen Dank für die akribische Recherche und die ausführliche Darstellung. Ich beobachte das Phänomen auch schon lange und habe oft das Gefühl, gegen Windmühlen zu kämpfen. Hoffen wir, dass Amazon sich irgendwann einmal nachhaltig des Problems annimmt.
Beste Grüße
Cordula Natusch
Danke :) ... und genau das hoffe ich auch ...
Ausgezeichnete Recherche. Stimmt punktgenau mit meinen eigenen Beobachtungen überein.
Interessant ist aber auch die andere Seite, wie nämlich diese Fake-Ratgeber produziert werden. Da gibt es beispielsweise in der Schweiz ein von zwei Damen geführtes »Lektorat”, das Kohorten von Produzenten beschäftigt, die meistens von fremdsprachigen Büchern klauen, sie hin und her über den Google Übersetzer laufen lassen, worauf eine »eigenständige« Version entsteht, diese dann mit einem hammergeilen Cover versehen und Wusch! geht die Rakete ab.
In diesem einträglichen Segment zählen 30 k Umsätze p.M. zu den »normalen« Erlösen.
Danke! Ich bin mal gespannt, was passiert, wenn es in naher Zukunft frei zugängliche KIs gibt, die entweder kostenlos oder für kleines Geld Texte über ein ihnen vorgegebenes Thema ausspucken.
Hallo Herr Höpker,
super Artikel. Habe das gleiche Thema aus einer systemischen Sicht betrachtet und Ihren Artikel referenziert.
https://www.nicolitschke.com/allmendebuecher-treiben-komplexit%C3%A4t/
Weiter so!
Hallo Herr Lischke,
ein sehr interessanter Artikel, den sie da geschrieben haben. Auch der Begriff »Allmendebuch« gefällt mir gut und werde ihn sicherlich in Zukunft hin und wieder benutzen.
Viele Grüße, Jan
Hab’ mich schon oft über so manche Fünf-Sterne-Rezi gewundert, nachdem ich die Leseprobe gelesen hatte ...
jetzt wird mir einiges klar ;-)
Hallo und vielen Dank für diese sehr ausführliche Recherche. Mit ist dieses Treiben seit Jahren bekannt und endlich fängt Amazon an, etwas dagegen zu unternehmen. Auch der Blogbeitrag »Die Zerstörung der Fake-Ratgeber« hat einiges bestätigt, was ich mir seit langem dachte. Auch dafür danke!!!!
Hallo Jürgen, ich danke dir für deinen Kommentar und das Feedback. Leider sind viele der gelöscht geglaubten Rezensionen der Schrottbücher inzwischen wieder aufgetaucht. Scheinbar hatte der Löschalgorithmus bei den Nicht-Schrottbüchern einige legale Rezensionen mitgelöscht, sodass die Löschaktion teilweise wieder rückgängig gemacht werden musste. Hoffen wir, dass Amazon weiterhin an dem Problem arbeitet. Viele Grüße, Jan