Mit Konzentrationsübungen kann deine Konzentrationsfähigkeit wie ein Muskel trainiert werden. Aber nur regelmäßig durchgeführte Übungen werden zu einer spürbaren Verbesserung führen. In den nächsten 5 Minuten erfährst du, welche Übungen sinnvoll sind.
Der folgende Text stammt aus meinem Buch Erfolg durch Fokus & Konzentration.
Dies ist der zweite Teil einer Artikelserie zum Thema Fokus und Konzentration. Im ersten Teil der Serie wurden 12 studienbasierte Methoden zur sofortigen Steigerung der Konzentrationsfähigkeit vorgestellt. Heute stehen Konzentrationsübungen zum Konzentrationstraining auf dem Programm. Für weitere Artikel der Serie: Siehe unten.
Wer nach Konzentrationsübungen googelt, wird auf verschiedene Übungen stoßen:
- Das Alphabet rückwärts aufsagen.
- Bestimmte Buchstaben in einem Zeitungsartikel zählen.
- Spiegelverkehrt schreiben.
- Und so weiter.
Eine gute Konzentrationsübung zeichnet sich insbesondere dadurch aus, dass man sie regelmäßig durchführt. Es ist wie beim Sport: Die besten Trainingsgeräte sind nutzlos, wenn sie ungenutzt in der Garage verstauben. Für Kinder machen die zumeist spielerischen Übungen aus dem Internet Sinn. Kinder entscheiden sich in der Regel nicht aus freien Stücken zum Konzentrationstraining und sie sind sehr leicht ablenkbar – sie brauchen daher eine Übung, die sie motiviert und die sich gegen Ablenkungen durchsetzen kann. Je abwechslungsreicher und spielerischer eine Übung gestaltet ist, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie von Kindern durchgeführt wird. Mit der Zeit wird jede Übung langweilig. Also gibt es viele verschiedene Konzentrationsübungen. Soweit so gut.
Was bei Kindern Sinn macht, muss nicht zwangsweise auch für Erwachsene sinnvoll sein. Ich möchte niemanden davon abhalten, Buchstaben rückwärts zu zählen, aber meiner Meinung nach kann die Konzentrationsfähigkeit sinnvoller trainiert werden. Die Konzentrationsfähigkeit mithilfe irgendwelcher Buchstaben-Zähl-Aufgaben zu trainieren, wäre in etwa das gleiche, wie wenn man bei schönstem Wetter mit dem Auto durch den Wald zum Fitnessstudio fahren würde, um dort auf einem Laufband zu joggen. Warum nicht das Auto stehen lassen und von Zuhause aus im Wald joggen?
Konzentrationstraining mit Mehrfachnutzen
Überall auf der Welt geht der Trend in Richtung Mehrfachnutzung, denn diese ist effizient und spart Ressourcen. Zwei der am höchsten bewerteten jungen Unternehmen der letzten Jahre sind Uber und Airbnb. Uber kümmert sich um die Mehrfachnutzung von privaten Autos und Airbnb verwertet ungenutzten privaten Wohnraum. Ich möchte gar nicht sagen, dass diese Firmen durchweg gut sind, aber vermutlich wirst du zustimmen, dass es nicht gerade optimal ist, dass ein durchschnittliches Auto mindestens 95 Prozent der Zeit ungenutzt am Straßenrand vor sich hin altert und dabei mehrere Quadratmeter Fläche versperrt.
Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass du gut darin werden möchtest, Worte rückwärts zu buchstabieren oder die Anzahl bestimmter Buchstaben in einem Text zu ermitteln. Mit diesen Fähigkeiten lässt sich kein Blumentopf gewinnen. Ich habe daher eine bessere Idee, und wie du vielleicht schon ahnst, hat sie mit Mehrfachnutzung zu tun:
Warum nicht den Konzentrationsmuskel mit einer Übung trainieren, die noch einen weiteren Nutzen bietet, als nur die Konzentrationsfähigkeit zu trainieren?
Meiner Ansicht nach gibt es nur zwei sinnvolle Konzentrationsübungen für gesunde Erwachsene: Bücher lesen und Meditation.
Konzentrationsübung #1: Bücher lesen
Beim ablenkungsfreien Lesen guter Bücher trainiert man seine Konzentrationsfähigkeit und nebenbei profitiert man von den Inhalten der Bücher. Für Menschen, die ihre Abende bisher vor TV-Geräten und Bildschirmen verbracht haben, ergibt sich ein weiterer Nutzen, der darin besteht, dass sie wahrscheinlich besser schlafen werden.
Man sollte dafür sorgen, dass man keinen Ablenkungen ausgesetzt ist, um möglichst schnell in das Buch eintauchen zu können, denn erst dann macht Lesen Spaß. Ruhige Hintergrundmusik ohne Gesang stellt kein Problem dar. Bücher am Computer oder auf dem Smartphone zu lesen, ist nicht empfehlenswert, aber besser als gar nicht zu lesen.
Wenn du Anfänger bist und dich zum Lesen zwingen musst, übertreibe es nicht. Warum? Übertreibung ist einer der Gründe, warum sich jedes Jahr im Januar viele hoch motivierte Menschen in Fitnessstudios anmelden, um schon nach wenigen Wochen wieder aufzugeben. Nimm dir für den ersten Tag nur zehn Minuten vor und versuche, dich langsam zu steigern. Lese regelmäßig, am besten jeden Tag zur gleichen Zeit und am gleichen Ort. So ist die Wahrscheinlichkeit am höchsten, dass das Lesen zu einer Gewohnheit wird.
Es gibt 130 Millionen verschiedene Bücher. Welche davon sollte man lesen? Leider gibt es nicht so viele gute Bücher, wie man meinen könnte. Insbesondere die Eingangsbereiche der großen Buchläden sind voll von seichter Unterhaltung ohne großen Wert. Noch schlimmer sind die gut gemeinten Kisten mit zu verschenkenden Büchern, die in Städten manchmal an die Straße gestellt werden. Diese Bücher werden nicht ohne Grund verschenkt. Du wirst die Freude am Lesen verlieren oder die Freude am Lesen kommt gar nicht erst auf. Ich spreche aus Erfahrung, denn ich habe jahrelang überhaupt nicht gelesen, weil ich mir das Lesen durch zu viele günstige, aber schlechte Bücher madiggemacht hatte. Erst als mir richtig gute Bücher empfohlen wurden, kam meine Freude am Lesen zurück.
Weißt du, wie erfolgreiche Investoren bei der Auswahl ihrer Projekte vorgehen? Sie sortieren gnadenlos aus und lehnen fast alle Projekte ab – nicht weil die meisten Projekte schlecht wären, sondern weil sie nur gut sind. Das Gute ist der größte Feind des Besten. Die erfolgreichsten Investoren haben das verstanden und investieren daher nur in die allerbesten Projekte.
Auch Bücher sind Investitionen – nicht in Geld, sondern in Zeit. Die besten Bücher sind Investitionen mit hoher Rendite, während die mittelmäßigen und schlechten Bücher so gut wie gar keine oder sogar eine negative Rendite abwerfen. Deshalb sollte man bei der Auswahl seiner Lektüren genauso selektiv sein, wie ein erfolgreicher Investor bei seinen Projekten. Wenn du dich für ein Buch A entscheidest, entscheidest du dich automatisch gegen alle anderen Bücher, die du stattdessen lesen könntest. Ganz egal wie schnell du liest – du wirst nur einen winzig kleinen Bruchteil aller verfügbaren Bücher lesen können. Das Pareto-Prinzip (80/20-Regel) sagt voraus, dass es einige wenige Bücher gibt, die dir mehr Nutzen bieten können, als Tausende andere Bücher zusammen.
Es ist nicht möglich, alle 130 Millionen Bücher zu sichten, um aus ihnen auszuwählen, denn selbst wenn man sich für jedes Buch nur eine Sekunde nehmen würde, bräuchte man insgesamt rund 250 Jahre. Man braucht daher ein intelligentes System, um mit möglichst hoher Wahrscheinlichkeit ein möglichst hochwertiges Buch auszuwählen. Bei der Auswahl meiner Lektüren helfen mir einige einfache Faustformeln, die ich über die letzten Jahre entwickelt habe.
- Bücher, die von außerordentlich erfolgreichen Menschen empfohlen werden, sind sehr wahrscheinlich lesenswert, denn es ist davon auszugehen, dass diese Menschen bei der Auswahl ihrer Lektüren ebenfalls kluge Faustformeln anwenden. Quellen für lesenswerte englische Sachbücher sind die Listen von Bill Gates und Tai Lopez. Empfehlenswerte deutsche Buchblogs kenne ich nicht. Falls du einen kennst, würde ich mich über einen Hinweis freuen.
- Bücher von Wissenschaftlern und Praktikern mit jahrelanger praktischer Erfahrung sind Büchern von Journalisten vorzuziehen.
- Bücher von Nobelpreisträgern sind allen anderen Büchern vorzuziehen, denn Nobelpreise werden nicht für interessante, sondern für relevante Erkenntnisse verliehen.
- Alte Bücher, die sich nach Jahren oder Jahrzehnten immer noch gut verkaufen, sind aktuellen Bestsellern vorzuziehen. Die Klassiker haben den Test der Zeit bestanden.
- Sachbücher von Autoren, die am laufenden Band neue Bücher zu unterschiedlichen Themen herausbringen, sind eher nicht zu empfehlen.
- Bei Büchern, die nicht zur Unterhaltung gelesen werden, sollte der Preis niemals ein Entscheidungskriterium sein. Damit meine ich nicht, dass es keinen Sinn macht, ein gutes, aber teures Buch gebraucht zu kaufen, sondern, dass man bei Büchern keine Kompromisse machen sollte, falls einem ein sehr gutes Buch teuer erscheint. Gute Bücher sind ihr Geld immer wert.
Diese Faustformeln sind kein Garant für gute Bücher, aber sie erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass ich zu einem Buch greife, das meine Anforderungen erfüllt. Wenn ich gegen meine Faustformeln verstoßen hatte, wurde ich von Büchern oft enttäuscht.
Auf meiner Webseite gibt es übrigens eine Rangliste der für mich wertvollsten Sachbücher in deutscher Sprache. Die meisten dieser Sachbücher hatte ich zuvor schon auf ähnlichen Listen anderer Leute gefunden.
Konzentrationsübung #2: Meditation
Die zweite sinnvolle Konzentrationsübung für gesunde Erwachsene ist die Meditation. Auch hier profitiert man mehrfach, denn Meditation trainiert die Konzentrationsfähigkeit und nebenbei tut man etwas sehr Wichtiges, was die meisten Menschen viel zu selten tun: entspannen. Außerdem wirkt sich Meditation nachweislich positiv auf die Gesundheit und Lebenserwartung aus.
Es gibt verschiedene Formen der Meditation, die nach dem gleichen einfachen Prinzip funktionieren: Man versucht, bestimmte Bewusstseinszustände möglichst lange zu halten. Dadurch werden diese Zustände trainiert und fallen mit der Zeit immer leichter.
Im Gehirn gibt es eine Art Steuerzentrale, mit der wir Handlungsimpulse unterdrücken und Gefühle regulieren. Sie befindet sich hinter der Stirn und trägt den Namen präfrontaler Cortex. Außerdem gibt es im Gehirn noch weitere Zentren, die für andere Aufgaben zuständig sind und die untereinander und mit dem präfrontalen Cortex eine Art Tauziehen darum veranstalten, welche Gefühle, Gedanken und Handlungsimpulse unser Bewusstsein dominieren. Durch Meditation wird der präfrontale Cortex gestärkt, was dazu führt, dass er die anderen Zentren besser kontrollieren kann. Je stärker unser präfrontaler Cortex ist, umso besser haben wir unser Denken und Fühlen im Griff. Tatsächlich mag die Sache etwas komplizierter sein, aber ich persönlich finde es hilfreich, ein einfaches Modell zu haben, das mir erklärt warum bestimmte Übungen gut für mich sind und mich zu meinem Ziel führen werden.
Wenn du Meditation ausprobieren oder lernen möchtest, empfehle ich dir einen Blick ins Internet. Dort gibt es viele Apps, Webseiten, Videos und Kurse von echten Experten zu diesem Thema. Insbesondere über die App Headspace habe ich Gutes gehört. Für den Anfang tun es sicherlich auch gute Videos auf YouTube. Wenn du englisch kannst, suche nach Vorträgen von „Jon Kabat-Zinn”.
Der nächste Teil der Serie befasst sich mit dem Management der verschiedenen Zustände der Aufmerksamkeit.
Die gesamte Serie lesen
- Konzentration steigern: 12 studienbasierte Methoden.
- Es gibt nur 2 sinnvolle Konzentrationsübungen (für Erwachsene).
- Fokussieren – so schlägst du die 6 Feinde des Fokus!
- Wie du die Kontrolle über deine Aufmerksamkeit gewinnst
- Nahrungsergänzungsmittel fürs Gehirn (in Arbeit)
Werde zur fokussiertesten Version von dir!
super wertvoller Artikel – Danke Jan. Ich wechsele beide Übungen ab in meinem Alltag. In jeder Pause mache ich entweder eine kleine Mediation oder ich lese ein Kapitel in einem Buch. Das hilft mir sehr mich zu fokussieren zwischen meinen Coachings.
Hi,
Bücher lesen ist wirklich eine Kunst. Seitdem ich aus der Schule draußen bin, merke ich erst wie wenig trainiert ich bin und wie sehr ich mich selbst ablenken kann vom Lesen. Ich muss oft Sätze zweimal Lesen, weil ich den Inhalt nicht erfasst haben. Fokus halten und mich für mehrere Minuten zu konzentrieren fällt mir recht schwer… aber Aufmerksamkeit lenken und halten ist eh eines der schwersten Dinge heutzutage. Mit Smartphones, Wearables und der Informationsflut, die jede Sekunde auf uns einfällt, ist es nur eine logische Konsequenz, dass unsere Konzentration darunter leidet.
Nach mehreren gescheiterten Versuchen habe ich zu Meditation nie so recht den Zugang gefunden. Aber deine Buchliste guck ich mir gerne durch! Vielen Dank dafür. Auch die Liste von Tai Lopez finde ich mega interessant.
Lg
Ben
Hallo Jan,
ich habe gerade Dein Buch „Erfolg durch Fokus & Konzentration“ gelesen und merke schon den ersten Erfolg. Es hat mich nämlich beruhigt, da dort viele hilfreiche Tipps und Tricks stehen sowie Informationen, die die Emotionen aus gewissen Themen herausnehmen (bspw. die Tatsache, dass wir die Zeit unterschätzen, die wir tatsächlich schlafen – das hatte ich zwar schonmal gelesen, aber mir ist jetzt klar, dass es auch wirklich so ist. Und mit dieser Info im Bewusstsein schlafe ich seither ruhiger).
Nachdem ich gerade gelesen habe, werde ich noch etwas Autogenes Training machen. So erledige ich – obwohl ich jetzt noch etwas kontraproduktiv im Telefon rumtippe – gleich zwei Dinge zur Förderung meiner Konzentration.
Danke für Deine Tipps und Gruß.
Andreas
Super Artikel . Danke.
Gerne!
Ich benutze seit ein paar Monaten Headspace und kann es nur weiterempfehlen! Habe mir nach dem kurzen Probe-Pack direkt das 1‑Jahres-Abo geholt. Ursprünglich nur, um mit meinen Einschlafproblemen zu helfen (was auch meistens hilft!), weil mir die Schlafmeditationen so gut gefallen haben, aber mittlerweile habe ich bereits mehrere Meditationskurse gemacht und finde sie wirklich gut. Heute erst vor einer Prüfung noch einmal schnell die App an, 5‑Minuten geführte Meditation für Exam prep und sofort ging es mir besser!
Immer wieder denke ich „ich sollte mehr lesen” und habe zwei, drei Bücher on hold, die ich alle etwa bis zur Hälfte gelesen habe. Ich wusste nicht, dass das die Konzentrationsfähigkeit so sehr mitbeeinflusst, aber ich werde es in Zukunft in meine Tagesplanung miteinbinden zu lesen.
Vielen Dank für diese tolle Artikelreihe!
Liebe Eva,
Vielen Dank für die Rückmeldung. Und schön zu hören, dass du Meditation so erfolgreich in dein Leben integrieren konntest.
Ich wünsche dir weiterhin viel Erfolg,
Jan
Das ist ja mal ein informativer, sorgfältig mit Liebe zum Detail geschriebener Artikel. Vielen Dank! :)
Danke :)