Lebensplanung? Kann und sollte man das Leben planen? Wie kann ein Lebensplan aussehen? Das Leben ist viel zu komplex, als dass man starre Pläne formulieren könnte. Pläne für ein besseres Leben dürfen nicht starr sein. Brauchbare Lebenspläne sind einfache Faustformeln … Konzepte … Metaphern … Geschichten. Dieser Artikel stellt 6 nützliche Konzepte vor.
1.) Die vier Jahreszeiten des Lebens
Eine sehr gute Lebensplan-Metapher stammt von Jim Rohn und diese möchte ich dir nun vorstellen.
Jim Rohn war ein beliebter US-amerikanischer Motivationstrainer, der von 1930 bis 2009 gelebt hat.
Seine Vorträge, die man übrigens auch auf YouTube findet, sind lehrreich und ziemlich unterhaltsam.
In einem seiner Vorträge vergleicht Rohn den Ablauf eines Menschenlebens mit den Jahreszeiten:
Life is like the seasons
Diese Analogie ist besonders interessant, wenn man die Jahreszeiten nicht aus der Sicht eines Stadtmenschen, sondern aus der Perspektive eines Bauern betrachtet:
- Das Jahr beginnt im Winter, der Planungs- und Orientierungsphase.
- Im Frühjahr wird ausgesät.
- Im Sommer hat der Bauer besonders viel zu tun, aber es gibt auch schon die ersten kleinen Belohnungen in Form von reifen Früchten.
- Der größte Teil der Ernte fällt aber erst im Herbst an.
Geerntet werden kann nur, weil im Winter geplant, im Frühjahr gesät und im Sommer bewässert wurde!
Die Dauer der Jahreszeiten ist variabel
Im Erdenjahr sind alle vier Jahreszeiten in etwa gleich lang – zumindest in unseren Breiten.
Wenn die echten Bauern im Herbst die Ernte einfahren, ist das Jahr schon fast vorbei.
In einem Menschenleben können die Proportionen durchaus ganz anders sein
Manch einer kann schon in seinen 20ern oder 30ern in einem Herbst sein und eine Ernte einfahren.
Ein anderer ist in seinen 40ern noch in einem Frühjahr und sät aus.
Ein Menschenleben muss nicht auf einen Jahreszeitenzyklus beschränkt sein
Extrem erfolgreiche Menschen, wie zum Beispiel Arnold Schwarzenegger, haben viele Zyklen hintereinander durchlaufen (erst Sportler, dann Schauspieler und schließlich Politiker).
Warum das Jahreszeitenmodell bei der Lebensplanung so hilfreich ist
Die Sichtweise mit den Jahreszeiten ist insofern hilfreich, als dass sie zeigt, dass man nicht ernten kann, wenn man nicht vorher ausgesät und sich um die Saat gekümmert hat.
In den Zeiten von Social Media und YouTube kann man das schnell vergessen.
Dass es scheinbar auch Ausnahmen von dieser Regel gibt, sollte einen nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese Ausnahmen statistisch betrachtet unglaublich selten sind.
Das Jahreszeitenmodell macht außerdem deutlich, dass es keinen Sinn macht, sich mit Menschen zu vergleichen, die sich nicht in derselben Jahreszeit befinden.
Wenn die Lebensplanung dem Jahreszeitenmodell widerspricht
Wenn man sich verschiedene, heutzutage verbreitete Lebensmodelle anschaut, wird man feststellen, dass sich einige dieser Modelle nicht mehr mit dem Jahreszeitenmodell vergleichen lassen.
Viele Menschen haben die beste Zeit ihres Lebens in der Jugend
Danach geht es sprichwörtlich nur noch bergab.
Die große Ernte im Herbst fällt aus, weil diese Menschen nicht für sich selbst gesät, sondern auf fremden Feldern gearbeitet haben.
Sofern sich diese Menschen freiwillig für dieses Modell entschieden haben, ist daran natürlich nichts verwerflich. Falls sie aber ursprünglich etwas anderes für ihr Leben geplant hatten, ist das bedauerlich.
Die Lösung des Problems lautet: bewusste Persönlichkeitsentwicklung.
P.S.: Die wohl schlimmste Art, sein Leben zu vergeuden, ist sich für andere Menschen aufzuopfern, die das aber nicht brauchen und auch nicht zu schätzen wissen.
Im schlimmsten Fall schadet man sich selbst und den anderen.
2.) Erforsche deine Stärken und Schwächen
In diesem Teil der Artikelserie über Lebensplanung geht es um die Erforschung der eigenen Stärken und Schwächen.
Einige Gurus vertreten die Meinung, jeder Mensch könne in seinem Leben alles erreichen.
Man muss es nur wollen (und ihre Produkte kaufen).
Hinter dieser Aussage verbirgt sich ein Denkfehler, denn …
Hinter jeder Stärke steckt harte Arbeit
Psychologen wie K. Anders Ericsson hatten herausgefunden, dass es keine angeborenen Talente gibt. Talentierte Menschen kommen nicht mit ihren Talenten auf die Welt.
Auch diejenigen Menschen, die wir für äußerst talentiert halten, wie zum Beispiel Mozart, haben in Wahrheit hart an ihren Fähigkeiten gearbeitet.
Die 10.000-Stunden-Regel
Ericsson fand heraus, dass jeder Experte – egal auf welchem Gebiet – mindestens 10.000 Stunden bewusst geübt hatte (siehe dazu mein Artikel über die 10.000 Stunden Regel).
Einige Gurus drehen die Kausalität nun einfach um und behaupten, dass jeder Mensch zu einem Experten auf jedem beliebigen Gebiet werden kann.
Ericssons Entdeckung hat die Existenz von Talent nicht widerlegt, sondern bloß an eine andere Stelle verschoben: Ein Schachgroßmeister ist zwar nicht als solcher auf die Welt gekommen, aber er hatte das Talent, sich viele Tausend Stunden auf produktive Art und Weise mit der Materie Schach beschäftigen zu können.
Ich glaube einfach nicht, dass jeder Mensch in der Lage wäre, diese Geduld und Hingabe für jedes beliebige Gebiet aufzubringen.
Auch wenn man nur rund 10.000 Stunden (unter Berücksichtigung von Pausen sind das immerhin gut 10 Jahre) bewusst üben müsste, um auf einem bestimmten Gebiet zu einem Experten zu werden, haben wir Menschen doch ganz bestimmte Neigungen, Stärken und Interessen.
Und genau diese Neigungen, Stärken und Interessen müssen berücksichtigt werden, denn von ihnen hängt ab, ob wir überhaupt dazu in der Lage sind, uns 10.000 Stunden lang freiwillig mit einer bestimmten Materie zu beschäftigen.
Unsere Stärken und Schwächen müssen bei der Lebensplanung berücksichtigt werden
Nur an Tätigkeiten, bei denen unsere persönlichen Stärken zur Geltung kommen, können wir uns lange genug festbeißen, um aus der Masse herauszustechen zu können.
Ein Leben in Einklang mit den eigenen Stärken leben
Viele Menschen wissen heutzutage sehr genau, wo ihre (vermeintlichen) Schwächen liegen, aber ihre Stärken können sie gar nicht oder nur sehr vage benennen.
Viele Menschen halten ihre Stärken außerdem für selbstverständlich und sind sich nicht bewusst, dass sie gegenüber anderen Menschen deutlich bessere Fähigkeiten auf diesen Gebieten haben.
Kein Wunder, denn unser Schulsystem ist auf dem Ausmerzen von Schwächen und nicht auf dem Ausbau von Stärken aufgebaut.
Viele von uns haben einfach kein Bewusstsein für die eigenen Stärken entwickelt.
Hinzu kommt, dass es in der Menschheitsgeschichte nie von großem Vorteil war, die eigenen Stärken zu kennen, denn bis vor wenigen Jahrzehnten hatte man sowieso kaum eine Wahl, was den zu erlernenden Beruf anging.
Heute ist die Situation eine andere: Um wirklich erfolgreich und glücklich werden zu können, muss man auf seine Stärken aufbauen.
Dazu muss man seine Stärken aber kennen. Aufgrund unterschiedlichster kognitiver Verzerrungen sind wir Menschen leider nicht dazu in der Lage, uns selbst objektiv zu sehen.
Wie kann man die eigenen Stärken erkennen?
Eine Möglichkeit dazu wird von dem Management-Guru Peter Drucker (1909 – 2005) in dem Büchlein Managing Oneself* beschrieben:
Feedback-Analyse
Man führt Buch über die wichtigsten Entscheidungen und notiert sich, mit welchen Ergebnissen man rechnet.
Nach einigen Monaten vergleicht man die tatsächlich eingetretenen mit den erwarteten Ergebnissen.
Wer sich dieses Vorgehen zur Gewohnheit macht, wird Bereiche finden, in denen er regelmäßig gute Ergebnisse erzielt. Das sind die Stärken.
Die Alternative: Persönlichkeitstests
Eine andere, etwas einfachere und modernere Möglichkeit, die eigenen Stärken zu entdecken, bieten speziell zu diesem Zweck entwickelte Persönlichkeitstests.
Einen Test, den ich selbst vor einiger Zeit durchgeführt habe, ist der Strengthsfinder Test von Gallup. Der Test kostet ein paar Euro, die sind aber sehr gut investiert.
An ausgewählten Schwächen arbeiten
Sollte man auch an seinen Schwächen arbeiten?
Die Meinungen gehen hier teilweise weit auseinander. Dass man sich nicht einig ist, liegt aber nicht nur daran, dass man zu diesem Thema verschiedene Meinungen haben kann.
Es gibt noch einen anderen Grund: Die Frage ist viel zu allgemein formuliert. Der Teufel steckt aber im Detail.
Jeder, der die Frage, ob man Schwächen korrigieren oder ignorieren sollte, allgemein und eindeutig mit ja oder nein beantwortet, sollte mit Vorsicht genossen werden.
Es hängt vom Einzelfall ab
Es kommt darauf an, um welche Schwäche es geht und wie relevant diese für das eigene Leben ist.
Das schwächste Glied einer Kette bestimmt die Stärke der gesamten Kette
Wenn es sich bei einer persönlichen Schwäche um das schwächste Glied einer wichtigen Kette handelt, dann sollte man sehr wohl daran interessiert sein, diese Schwäche zu stärken.
Wenn ein Triathlet zwar Rad fahren und laufen, aber nicht schwimmen kann, dann sollte er sich dringend um diese Schwäche kümmern.
Ein Buchhalter, der nicht schwimmen kann, darf diese Schwäche hingegen ignorieren.
Auch die Perspektive spielt eine Rolle
Die Antwort auf die Frage, ob eine Schwäche gestärkt werden sollte, hängt nicht nur von der konkreten Schwäche, sondern auch davon ab, wer diese Frage stellt.
Nur weil der Arbeitgeber der Meinung ist, dass soziale Kompetenz für den Job nicht so wichtig ist, heißt nicht, dass die Schwäche auch für das Privatleben unwichtig ist.
Für manche Arbeitgeber ist es aus unterschiedlichen Gründen wünschenswert, wenn die Mitarbeiter einseitig qualifizierte Fachidioten sind.
Als Privatperson fährt man außerhalb des Jobs jedoch besser, wenn man möglichst breit gestreute Fähigkeiten und Kenntnisse hat.
Die Entscheidung, ob eine Schwäche gestärkt werden muss, sollte man als Besitzer der Schwäche also immer selbst treffen.
3.) Werte sind wie ein Leuchtturm
Im dritten Teil der Artikelserie über Lebensplanung geht weiterhin um Selbsterkenntnis.
Das Thema sind die persönlichen Werte.
Was sind Werte?
Warum sollte man die eigenen Werte kennen?
Wie kann man die eigenen Werte finden?
Werte sind, was einem Menschen wichtig ist
Ein paar Beispiele für Werte:
- Wahrheit
- Tugend
- Stärke
- Wachstum
- Sicherheit
- Ruhe
- Mut
- Neugier
- Humor
- Gelassenheit
- …
Woher kommen die Werte?
Werte entstehen im Laufe des Lebens durch Erziehung und Erfahrungen
Jeder Mensch hat Werte
Wer glaubt, keine Werte zu haben, ist sich seiner Werte nur nicht bewusst … und befindet sich damit in guter Gesellschaft.
In dem Buch Coaching for Performance* vertritt John Whitmore die These, dass die meisten Menschen wenig Zugang zu ihren Werten haben, weil sie sich auf einem (zu) niedrigen Niveau der persönlichen Entwicklung befinden.
Das ist bedauerlich.
Es gibt gute Gründe, die eigenen Werte zu kennen
In dem Buch Selbstmotivation* schreibt Gerhard Huhn, dass viele Probleme des Lebens eigentlich Werteprobleme sind.
Wer seine Werte kennt und in Einklang mit ihnen handelt, ist ganz auf Weiterentwicklung und nicht, wie viele andere Menschen, auf Schmerzvermeidung ausgerichtet.
Huhn sagt, dass solche Menschen kaum oder überhaupt nicht manipulierbar sind und, dass sie sehr genau wissen, wo sie im Leben hin wollen.
(Ihre) Werte sind wie ein Leuchtturm.
Ohne Werte können sich Probleme ergeben
Whitmore schreibt, dass ein Großteil aller psychologischen Störungen auf Frustration oder sogar Verzweiflung über die Sinnlosigkeit des Lebens zurückgeführt werden können.
Persönlich würde ich mich nicht ganz so weit aus dem Fenster lehnen. Bei meiner Recherche bin ich auf ganz unterschiedliche Theorien über die angeblichen (alleinigen) Ursachen psychologischer Störungen gestoßen. Die Sache scheint nicht so einfach zu sein, wie sie oft dargestellt wird.
An dieser Stelle kann uns das aber egal sein. Einigen wir uns darauf, dass es hilfreich ist, die eigenen Werte zu kennen.
Wie kann man seine Werte entdecken?
In dem Buch Konzentriert Euch!* erklärt Daniel Goleman, dass sich unsere Werte zuerst in Form eines Gefühls für Richtig und Falsch bemerkbar machen.
Erst nach einiger Zeit schaffen wir es, diesen Gefühlen einen Namen zu geben.
Auf der Webseite von Steve Pavlina gibt es eine Liste mit über 300 Werten. Ich würde vorschlagen, dass jeder, der seine Werte erfahren möchte, diese Liste langsam durchgeht und darauf achtet, was sein Bauchgefühl zu den einzelnen Punkten sagt.
4.) Die Illusion der freien Berufswahl
Der vierte Teil der Artikelserie über Lebensplanung befasst sich mit der Berufswahl.
Im Internet stoße ich regelmäßig auf Webseiten von Menschen, die mir dabei helfen wollen, meine Passion zu finden, um endlich aus dem sogenannten Hamsterrad aussteigen zu können.
Dass Geld im Leben nicht alles ist, haben die meisten Menschen mittlerweile verstanden. Anstelle des Geldes ist die Passion getreten.
Ist Passion wirklich das, worauf es bei der Berufswahl ankommt?
Bevor wir fortfahren, sollten wir den Begriff Passion definieren, denn Passion ist einer dieser vagen Begriffe, die – ähnlich wie Horoskope – sehr weit dehnbar sind.
Was ist Passion?
Bei Wikipedia wird man von Passion zu Leidenschaft weitergeleitet, und dort findet man gleich mehrere Definitionen.
Leidenschaft ist eine Emotion, die das Gemüt völlig ergreift
In der ursprünglichen Bedeutung von Leidenschaft kann diese Emotion sowohl positiver als auch negativer Natur sein.
Auch die intensive Verfolgung von Zielen fällt unter die Definition von Leidenschaft.
Leidenschaftlich ist man also dann, wenn man intensiv Ziele verfolgt und dabei starke (positive) Emotionen verspürt.
Das hört sich zwar toll an, ist als praktischer Ratschlag aber nur bedingt geeignet, denn eine Tätigkeit, die heute noch Spaß macht, kann morgen schon langweilig sein.
Emotionen verändern sich mit der Zeit.
Wie schon Albert Einstein sagte:
Man muss die Dinge einfach machen, aber nicht zu einfach
Einfach zu tun, was man gerade liebt, ist zu einfach gedacht!
Dass man das, was man mit seinem Leben anstellt, mögen sollte, ist klar
Passion kann aber nicht das einzige, sondern nur eines unter vielen Auswahlkriterien sein.
Eine sinnvolle Tätigkeit für das eigene Leben zu suchen, ist schon etwas komplizierter.
Um es kurz zu machen:
Die Lebensaufgabe sollte nicht nur gemocht werden, sie sollte außerdem den eigenen Stärken und Werten entsprechen.
Je mehr ein Mensch in Einklang mit seinen Stärken und Werten lebt, als umso sinnvoller wird er sein Leben empfinden
Etwas, was anfänglich Spaß macht, aber sinnlos ist, wird einen auf Dauer nicht erfüllen können.
Wer ständig Dinge tun muss, die er nicht kann und auch nicht wichtig findet, wird schnell vom Gefühl der Sinnlosigkeit heimgesucht werden.
Ich glaube, dass das auch dann passiert, wenn man die Sache ursprünglich geliebt hat.
Meiner Meinung nach haben die meisten Menschen heutzutage ein großes Problem: Sie kennen ihre Stärken und Schwächen nicht so genau oder liegen mit ihrer Vermutung sogar falsch.
In der Schule haben wir gelernt, still und ruhig sitzen zu bleiben, auch wenn wir ganz offensichtlich im falschen Film sitzen.
Damit meine ich nicht unbedingt, dass wir gezwungen werden, Französisch zu lernen, obwohl wir diese Sprache nicht mögen und lieber Spanisch lernen würden.
Für einige Menschen geht dieses Problem noch viel tiefer: Es gibt Kinder, die es geschafft haben, trotz mehrerer Jahre Schulunterricht nicht lesen und schreiben zu lernen, ohne, dass es jemandem aufgefallen ist.
Wenn sogar das unbemerkt bleiben kann, was kann dann noch alles unbemerkt bleiben!?
Erlernte Hilflosigkeit
Aus Mangel an sichtbaren Alternativen lernen Menschen, Dinge über sich ergehen zu lassen, ohne etwas dagegen zu unternehmen.
Der Psychologe Martin Seligman hat diesen Zustand untersucht und ihn als erlernte Hilflosigkeit bezeichnet.
Wer nicht weiß was er kann und außerdem noch gewohnt ist, Dinge einfach über sich ergehen zu lassen, hat ein großes Problem!
Praktisches Vorgehen
Wie man Stärken, Werte und auch die Passion unter einer Hut bringen kann, damit beschäftigt sich die Organisation 80.000 hours, deren Vorschlag ich hier bereits vorgestellt hatte.
Fazit
Es ist eine Illusion, dass wir die komplett freie Wahl haben, was wir mit unserem Leben anfangen wollen.
Aus philosophischer Sicht mag diese Aussage vielleicht falsch sein, aber aus praktischer Sicht ist sie es nicht.
Die Menschen sollen nicht so viel nachdenken, was sie tun sollen, sie sollen vielmehr bedenken, was sie sind. (Meister Eckhart)
5.) Das Leben ist zu kurz für Ineffektivität
Der fünfte Teil der Artikelserie über Lebensplanung behandelt die Themen Effektivität und Aktionismus.
Das Leben ist kurz!
Der römische Philosoph Seneca soll schon vor 2.000 Jahren festgestellt haben, dass das Leben kurz sei, die Menschen aber handeln würden, als ob sie ewig Zeit hätten.
Gehen wir davon aus, dass Seneca recht hatte und, dass seine Beobachtung ihre Gültigkeit in der Zwischenzeit nicht verloren hat …
… wie können wir unsere Zeit besser nutzen?
Sollten wir länger arbeiten? Sollten wir schneller handeln und in der gleichen Zeit noch mehr tun?
Wie gehen andere Tiere mit ihrer Zeit um?
Die großen Raubtiere in freier Wildbahn sind die meiste Zeit des Tages nicht besonders aktiv.
Sie sitzen oft nur faul auf einem Baum, liegen unter einem Baum oder verkriechen sich in einem Erdloch.
Wäre es für diese Lebewesen besser, ständig aktiv zu sein, hätte die Evolution schon dafür gesorgt, dass sie auch ständig aktiv sind.
Da sie es aber nicht sind, ist ständige Aktivität ganz offensichtlich nicht die beste Lösung, zumindest nicht für diese Tiere.
Sind Menschen mit diesen Tieren vergleichbar?
Wir sind in vieler Hinsicht einzigartig und nur bedingt mit all den faulen Tieren vergleichbar.
In dem Buch Die soziale Eroberung der Erde* stellt der berühmte Biologe E. O. Wilson fest, dass wir Menschen sehr viel mit fleißigen Bienen und Ameisen gemeinsam haben.
Wir leben in sehr großen Gemeinschaften und einzelne Menschen sind (hoch) spezialisiert
Menschen sind auch in anderer Hinsicht besonders:
Wir haben ein Wirtschaftssystem, das auf Wettbewerb aufgebaut ist
Unsere Gesellschaft ist so organisiert, dass wir in jungen Jahren für das Alter vorsorgen müssen.
Ein Löwe in Afrika muss sich nicht um all diese Dinge kümmern.
Es sieht auf den ersten Blick so aus, als ob wir Menschen vielleicht doch noch mehr in noch kürzerer Zeit tun sollten.
Die Erfahrung zeigt aber, dass übertriebener Aktionismus nicht gerade zu den besten Ergebnissen führt.
Außerdem wissen wir, dass Pausen sehr wichtig sind: Muskeln wachsen und regenerieren sich in Trainingspausen und die besten Ideen kommen uns auch nicht, während wir angestrengt über einem Problem brüten.
Gesteigerter Aktionismus kann nicht die Lösung sein!
Die Lösung lautet: Effektivität!
Effizienz heißt: die Dinge in gewohnter Art und Weise, aber schneller und/oder unter größerer Anstrengung tun.
Effektivität heißt: Die richtigen Dinge tun!
Es gibt eine Geschichte, die das Problem sehr schön auf den Punkt bringt:
Die Geschichte vom Säger
Ein Spaziergänger begegnet im Wald einem Mann, der unter großer Anstrengung damit beschäftigt ist, einen Baumstamm mit einer Handsäge in kleine Stücke zu zersägen. Dem Spaziergänger fällt sofort auf, dass die Säge stumpf ist und so fragt er den Mann, warum er die Säge denn nicht schärfen würde. Der Mann antwortet, dass er dafür keine Zeit habe. Er müsse ja noch den ganzen Baumstamm zersägen.
Die meisten Menschen handeln wie der Waldarbeiter in dieser Geschichte: Sie versuchen, ihre Probleme mit Effizienz zu lösen statt mit Effektivität.
Diese Verhaltensweise scheint uns entweder anerzogen oder tief in der menschlichen Natur angelegt zu sein.
(Die wohl beste Lösung des Problems lautet: Persönlichkeitsentwicklung.)
Wir müssen uns regelmäßig daran erinnern, die Dinge nicht effizienter, sondern effektiver zu machen
Nicht so sehr auf die Quantität unserer Handlungen achten, sondern auf deren Qualität. Effektivität anstelle von Effizienz.
Die Dinge nicht noch schneller tun, sondern schon im Vorfeld aussortieren und nur die Dinge tun, die auch wirklich getan werden müssen.
Besser Planen!
Auf diese Weise betrachtet, macht Senecas Ratschlag sehr viel Sinn.
Statt blindem Aktionismus, dessen einziger Sinn häufig darin, besteht, für andere Menschen produktiv zu erscheinen, sollten wir mehr Wert darauf legen, dass das, was wir tun auch wirklich getan werden sollte.
In einer Welt mit über sieben Milliarden Einwohner und immer knapper werdenden Ressourcen, macht das sehr viel Sinn.
Nicht nur die Ressourcen der Erde sind beschränkt, für den einzelnen Menschen gilt das gleiche
Wir haben nicht unendlich lange Zeit. Auch unsere Aufmerksamkeit und Energie ist beschränkt.
Wir haben nur zwei Augen und zwei Hände und Füße. Wir sollten uns besser überlegen, wofür wir diese Werkzeuge einsetzen.
Je mehr Möglichkeiten man im Leben hat, und je mehr Ablenkungen es gibt, umso wichtiger wird es, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.
6.) Langsam und mit Rückschlägen wachsen
Im sechsten und letzten Teil der Artikelserie über Lebensplanung wird das persönliche Wachstum behandelt.
Wachstum ist ein Bedürfnis aller Menschen.
Wie schnell sollte man wachsen?
Was ist von Rückschlägen zu halten?
Welche Fehler sollten vermieden werden?
Das Gehirn kann absolute Größen nicht bewerten
Um zu beurteilen, ob ein bestimmter Zustand, wie zum Beispiel der Kontostand gut oder schlecht ist, braucht das Gehirn Vergleichswerte.
Wenn das Gehirn unser derzeitiges Vermögen bewertet, nutzt es das Vermögen der Vergangenheit als Vergleichswert.
Wenn der neue Wert über dem alten Wert liegt und wenn uns Geldvermehrung wichtig ist, dann schüttet das Gehirn Belohnungsstoffe aus, die für ein angenehmes Gefühl der Zufriedenheit sorgen.
Wenn wir hinsichtlich unseres heutigen Vermögens eine bestimmte Erwartung hatten, dann vergleicht das Gehirn unser Vermögen außerdem mit dieser Erwartung.
Das gleiche gilt für das Vermögen anderer Menschen, mit denen wir uns vergleichen.
Nicht nur die Bewertung von Vermögen läuft auf diese Weise ab, sondern auch die Bewertung unseres sozialen Status, unseres Äußeren und vieles weitere auch.
Wenn ich nun weiterhin von Vermögen spreche, dann nur aus einem einzigen Grund: Es eignet sich gut als Beispiel. Wer Geld nicht mag, kann Vermögen durch etwas anderes ersetzen.
Unsere Zufriedenheit hängt also vom Wachstum unseres Vermögens und von unserer Erwartungen ab, während die absolute Höhe des Vermögens keine allzu große Rolle spielt.
Ich würde mich freuen, wenn ich morgen eine Milliarde auf dem Konto hätte, aber für Bill Gates wäre es eine Katastrophe.
Unter der Voraussetzung, dass unser Ziel darin besteht, möglichst oft und lange glücklich zu sein, ergibt sich, dass es mit dem Vermögen (oder was auch immer) im Verlauf des Lebens möglichst konstant bergauf gehen sollte.
Wir gewöhnen uns an konstantes Wachstum
Einige Wissenschaftler sind der Ansicht, dass wir uns an lineares Wachstum gewöhnen, und nicht mehr mit Glücksgefühlen darauf reagieren.
Es kommt zu einer Anpassung
Vereinfacht gesprochen wird das Wachstum für das Gehirn zu einer Selbstverständlichkeit.
Wenn das stimmt, dann müssten wir dafür sorgen, dass unser Vermögen nicht linear, sondern exponentiell wächst.
Da das Gehirn nur lineare, aber keine exponentiellen Zukunftsprognosen erstellen kann, könnte exponentielles Wachstum zu dauerhaftem Glück führen.
Möglicherweise gibt es aber auch hier einen Gewöhnungseffekt: Wir gewöhnen uns an das konstante Glücksniveau.
Wir brauchen Rückschläge
Um dem Problem mit der Gewöhnung zu entgehen, bräuchten wir hin und wieder eine Pause vom Glück: eine Niederlage oder einen Rückschlag.
Immer nur Friede, Freude, Eierkuchen macht auf Dauer nicht glücklich.
Die Moral von der Geschichte: Unser Vermögen (oder was auch immer) sollte exponentiell wachsen, aber das Wachstum sollte hin und wieder von einer Niederlage unterbrochen werden.
Über einen längeren Zeitraum ist exponentielles Wachstum nur zu erreichen, wenn das Wachstum sehr sehr langsam ist.
Einfluss auf das eigene Wachstum nehmen
Wer als Mensch wachsen möchte, muss selbst die Verantwortung für sein Wachstum übernehmen.
In dem Buch Der Selbstentwickler* vertritt Jens Corssen die These, dass die meisten Menschen dazu neigen, andere für ihre Ziele einzuspannen.
Statt sich selbst zu ändern, warten die Menschen lieber darauf, dass sich die anderen Menschen ändern
Da es schwierig ist, sich selbst zu ändern, liegt dieses Verhalten nahe, so Corssen.
Trotzdem sei es keine gute Strategie, denn es kostet fast immer mehr Kraft und Energie, andere Menschen zu manipulieren, als sich selbst zu ändern.
Manchmal ist es nicht nur schwer, sondern unmöglich, sich selbst zu ändern.
Dann ist das eben so.
Das Gegenteil von Selbstverantwortung: Selbstsabotage
Die meisten erfolgreichen Menschen sind einfach nur deswegen erfolgreich, weil sie die Dinge tun, von denen fast jeder Mensch im Grunde weiß, dass er sie tun sollte.
Diese Tatsache zuzugeben, würde für die weniger erfolgreichen Menschen aber bedeuten, dass sie nicht gut dastehen. Deswegen erfinden diese Menschen andere Gründe dafür, dass andere erfolgreicher sind.
Alternativ wird der Erfolg einfach kleingeredet oder als nicht erstrebenswert hingestellt. Motto:
Wer viel Geld hat, muss doch sehr unglücklich sein
Einmal las ich den Kommentar:
Ich habe lieber Humor als Erfolg
Als ob nur erfolglose Menschen Humor haben könnten. Diese Denkweise sollte unbedingt vermieden werden, denn es handelt sich um Selbstsabotage.
Es ist gut, zu wissen, ob man das Streben nach materiellem Reichtum ablehnt, weil man es wirklich ablehnt, oder weil man lediglich die eigene Unfähigkeit, erfolgreich zu sein, rationalisiert (Nassim Taleb)
Es ist gut, wenn es nicht einfach ist
Nirgends bekommt man etwas Wertvolles einfach so geschenkt, und es gibt keine Abkürzungen, die zu sofortigem Erfolg führen.
Alles, was wertvoll ist, ist rar und schwer zu erlangen. Wäre das Wertvolle für jeden zugänglich und im Überfluss vorhanden, wäre es ganz schnell nicht mehr wertvoll.
Nur ein mühsamer Weg führt zu etwas Wertvollem
Diese Faustregel gilt nicht nur für schnellen Reichtum, sondern auch für das schnelle Erlernen von Fähigkeiten.
Lern- und Wachstumsprozesse können durch Optimierung in einem gewissen Rahmen beschleunigt werden, aber die ultimative Abkürzung existiert nicht.
Wer dieses Konzept verinnerlicht hat, kann gar nicht zum Opfer von Betrügereien und Scharlatanen werden, die den schnellen Erfolg versprechen.
Wie man lernen kann die Plackerei zu lieben
Weder die 4‑Stunden-Arbeitswoche, noch der 8‑Stunden-Arbeitstag mit Work-Life-Balance bringen einen besonders weit.
An lange Arbeitszeiten gewöhnt man sich nur, wenn man lernt, die Plackerei zu lieben.
Je besser die Plackerei mit den eigenen Stärken und Werten harmoniert, umso einfacher ist das.
Um die Plackerei lieben zu können, braucht man außerdem eine gewisse körperliche und geistige Belastbarkeit. An dieser kann man arbeiten, indem man sich gezielt kleinen Unannehmlichkeiten aussetzt:
- Sport treiben
- Kalt duschen
- Zu Fuß gehen
- Die Treppe statt den Aufzug nehmen
- Auf harte Stühle statt in weichen Sesseln sitzen
Bei all dem sollte man natürlich trotzdem weitgehend ausgeglichen sein. Ein Workaholic ist nicht ausgeglichen.
P.S.: Mehr über persönliches Wachstum steht in meinem großen Übersichtsartikel über Persönlichkeitsentwicklung.
Das schwächste Glied einer Kette bestimmt die Stärke der gesamten Kette
Das stimmt meiner Meinung nach so nicht: Es zieht den Durchschnitt herunter. Beispiel Militärmarsch: Wenn ein Soldat nicht mehr laufen kann, dann tragen Ihn die anderen, das zieht das Durchschnittsmarschtempo des Trupps herunter, aber deswegen ist der ganze Trupp nicht gleich schwach wie der erschöpfte Soldat, der gar nicht mehr laufen kann…just my 2 cents
Nee, bei dem Beispiel passt es nicht, weil das nicht das ist, was mit „Kette” gemeint ist ;)