Das Pareto-Prinzip besagt:
„Mit nur 20 Prozent der Arbeiten werden 80 Prozent der Resultate erzielt. Darum sollte man 80 Prozent der Arbeiten einfach weglassen – und dafür mehr von dem tun, was tatsächlich zum Erfolg beiträgt!”
Die 80/20-Regel verspricht einen Quantensprung bei der Produktivität. Das klingt fast zu schön, um wahr zu sein. Ist es meistens auch! Wo die Fallstricke liegen und wie man sie umschifft, erkläre ich in diesem Artikel.
Der Teufel steckt im Detail
Das Versprechen der Gurus lautet:
Wer sich konsequent an die 80/20-Regel hält, kann jede Menge Ressourcen in Form von Zeit und Energie, aber auch Tränen und Blut sparen.
Das hört sich gut an! Es würde aber bedeuten, dass alle anderen Menschen unglaublich viele Ressourcen verschwenden. Für mich klingt das ein wenig nach „Alle dumm, außer ich!” – ein Gedanke, der mit hoher Zuverlässigkeit signalisiert, dass man selbst derjenige ist, der sich auf dem Holzweg befindet.
Eine der wichtigsten Lebensweisheiten besagt:
Versprechen sollten umso kritischer geprüft werden, je wünschenswerter es wäre, dass sie wahr sind.
Prüfen wir die 80/20-Regel einmal ganz genau. Am besten fangen wir dabei ganz von vorne an.
Die Ursprünge des Pareto-Prinzips
Vilfredo Pareto (1848 – 1923) Entdecker und Namensgeber des Pareto-Prinzips (Quelle: Wikipedia).
Vor über 100 Jahren hat Vilfredo Pareto die Verteilung des Bodenbesitzes in Italien untersucht. Dabei stellte er fest, dass sich 80 Prozent des Bodes im Besitz von nur 20 Prozent der Menschen befand. Bei genauerem Hinsehen fand Pareto diese 80/20-Verteilung noch an vielen anderen Stellen.
Das Pareto-Prinzip wurde zur 80/20-Regel
Menschen neigen dazu, auf der Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse vorschnell neue Verhaltensregeln aufzustellen. Die Wissenschaftler selbst gehen meist nicht so weit, denn sie wissen, dass dieser Schritt unwissenschaftlich ist.
Aus der Beobachtung, dass nur 20 Prozent aller Kunden für 80 Prozent der Umsätze eines Geschäftes verantwortlich sind, sollte man lieber nicht den Schluss ziehen, dass die Umsätze dauerhaft bei 80 Prozent bleiben werden, nachdem man dazu übergegangen ist, die 80 Prozent weniger guten Kunden einfach nicht mehr in den Laden zu lassen.
Außerdem ist es ein Fehler, blind von einem 80/20-Verhältnis auszugehen, denn das 80/20-Verhältnis tritt nicht immer auf!
Von der 80/20-Regel gehen Gefahren aus
Oft habe ich den Eindruck, dass das Pareto-Prinzip gar nicht im Voraus bedacht wurde, sondern bloß nachträglich zur Rechtfertigung von Faulheit ins Spiel gebracht wird. Mit anderen Worten: Die 80/20-Regel verschleiert Selbstbetrug. (Darum sollte man wünschenswerte Versprechen besonders gründlich prüfen: Die Gefahr von Selbstbetrug ist groß!)
Wer das Pareto-Prinzip falsch anwendet, schießt sich sprichwörtlich selbst ins Knie. Nur durch die korrekte Anwendung der 80/20-Regel kann das Leben einfacher werden.
Dass das Pareto-Prinzip meist nicht richtig verstanden wird, sieht man schon daran, dass die meisten Menschen glauben, es hätte eine Bedeutung, dass die Summe von 80 und 20 genau 100 ergibt. Das ist aber reiner Zufall!
Neben 80/20 lassen sich auch 80/10, 90/20 und viele andere Zahlenpaare beobachten. Im Prinzip ist jedes Zahlenpaar möglich.
Das Pareto-Prinzip am Beispiel von Zeitmanagement erklärt
Im Zeitmanagement wird das Pareto-Prinzip meist so formuliert:
Nach 20 Prozent der Zeit, die man zum Lösen eines Problems aufwendet, ist das Problem zu 80 Prozent gelöst.
Nehmen wir einmal an, dass ich meine Wohnung aufräumen möchte. Insgesamt brauche ich dafür 50 Minuten. Wenn ich die auffälligsten Arbeiten zuerst erledige, dann sieht die Wohnung schon nach 20 Prozent der Zeit (10 Minuten) einigermaßen ordentlich aus. Sagen wir, dass sie zu 80 Prozent ordentlich ist.
80/20 entspricht einem Punkt in einem Diagramm mit den Achsen Ergebnis und Aufwand:
In seiner Formulierung als 80/20-Regel besagt das Pareto-Prinzip, dass sich mit nur 20 Prozent des Aufwands 80 Prozent der Ergebnisse erzielen lassen. Wer keine perfekten Ergebnisse benötigt, sollte demnach eine Menge Zeit sparen können, indem er sich auf das Nötigste beschränkt.
Schauen wir uns einige weitere Fälle an, in denen das 80/20-Verhältnis auftritt.
Beispiele aus der Wirtschaft
- Mit nur 20 Prozent seiner Produkte erwirtschaftet ein Unternehmen 80 Prozent seines Gewinns
- Mit nur 20 Prozent seiner Kunden erwirtschaftet ein Unternehmen 80 Prozent seines Gewinns
Beispiele aus dem Alltag
- 80 Prozent der Zeit trägt man nur 20 Prozent seiner Kleidungsstücke
- 80 Prozent der Zeit verbringt man mit nur 20 Prozent der Menschen, die man kennt
(Noch mehr Beispiele für das Pareto-Prinzip in Alltag, Beruf und Finanzen findest du hier.)
Wie schon gesagt, lassen sich neben 80/20 noch viele weitere Zahlenpaare beobachten. Diese entsprechen anderen Punkten im Diagramm.
Außerdem gilt:
Die größere Zahl muss nicht zwangsweise vorne stehen!
Es gibt Situationen, in denen insbesondere die letzten Anstrengungen ganz besonders stark zum Gesamtergebnis beitragen. Ein gutes Beispiel ist das Krafttraining mit Gewichten: Hier sind die letzten Wiederholungen am wichtigsten. Wer schon nach 20 Prozent der Wiederholungen aufhört, wird nicht 80 Prozent der Resultate erzielen, sondern so gut wie gar keine!
80/20 ist nur einer von vielen Fällen: Neben dem beliebten Zahlenpaar 80/20 gibt es in der Realität noch viele weitere Zahlenpaare. Auch die Umkehrung des Pareto-Prinzips lässt sich in einigen Fällen beobachten: Hier muss man fast alles richtig machen, um überhaupt ein nennenswertes Ergebnis zu erzielen (Beispiel Krafttraining mit Gewichten).
Pareto für Fortgeschrittene
Was die allermeisten Menschen nicht wissen: Hinter dem Pareto-Prinzip steckt nicht etwa ein einzelner Punkt im Diagramm, sondern eine Kurve – die sogenannte Pareto-Verteilung. Das heißt: Wenn eine Pareto-Verteilung vorliegt, dann kann die 80/20-Regel mehrmals hintereinander angewendet werden.
Die Pareto-Verteilung: Was viele Menschen nicht wissen: 80/20 ist nur ein Punkt auf einer Kurve. Wenn eine Pareto-Verteilung vorliegt (was nicht immer der Fall ist – später mehr dazu), dann gilt die ganze Kurve.
Die Pareto-Verteilung
Wenn eine Pareto-Verteilung vorliegt, dann durchläuft eine Kurve, die den Punkt 80/20 schneidet, außerdem noch unendlich viele weitere Punkte, wie zum Beispiel 64/4 und 52/0,8. (diese Punkte entsprechen dem zweimaligen beziehungsweise dreimaligen Anwenden der 80/20 Regel).
Daraus ergibt sich das Potenzial für krasse Effizienzsteigerungen
Unter Umständen lässt sich der Aufwand noch viel radikaler reduzieren, als um den Faktor fünf. Wer mit knapp 50 Prozent des möglichen Ergebnisses zufrieden ist, kann den Aufwand um den Faktor 125 reduzieren – zumindest theoretisch. Spätestens jetzt sollte jedem Leser klar geworden sein, dass die 80/20-Regel nicht immer und überall angewendet werden kann. Auch für die extremen Punkte auf der Kurve lassen sich konkrete Beispiele finden:
- Das reichste 1 Prozent der Menschen besitzt rund die Hälfte des gesamten Geldes auf der Erde. Hier haben wir es mit 50/1 zu tun.
Wann liegt eine Pareto-Verteilung vor?
Laut Wikipedia ist eine Pareto-Verteilung unter ganz bestimmten Voraussetzungen zu erwarten:
Eine Pareto-Verteilung ist zu erwarten, wenn sich zufällige, positive Werte über mehrere Größenordnungen erstrecken und durch das Einwirken vieler unabhängiger Faktoren zustande kommen.
Diese 3 Kriterien müssen erfüllt sein:
- Es gibt viele einzelne Werte
- Die Werte erstrecken sich über mehrere Größenordnungen
- Die Werte kommen durch das Einwirken unabhängiger Faktoren zustande
Das ist ziemlich abstrakt. Schauen wir uns ein konkretes Beispiel an:
Die Einkommensverteilung eines Landes
Bei der Einkommensverteilung eines ganzen Landes gibt es definitiv viele einzelne Werte: das individuelle monatliche Einkommen von Millionen Menschen. Das erste Kriterium ist also erfüllt.
Die monatlichen Einkommen der Menschen erstrecken sich über mehrere Größenordnungen: Einige Einwohner des Landes verdienen nur 1.000 Euro im Monat, andere 10.000 oder 100.000 oder sogar eine Million und mehr. Das zweite Kriterium ist also auch erfüllt.
Die monatlichen Einkommen kommen durch das Einwirken unabhängiger Faktoren zustande. Menschen haben unterschiedliche Einnahmequellen. Zum Beispiel hat jeder Berufstätige einen eigenen Job. Insbesondere die Großverdiener haben in der Regel mehrere Einnahmequellen. Das dritte Kriterium ist ebenfalls erfüllt.
Da im Falle der Einkommensverteilung eines ganzen Landes alle drei Kriterien erfüllt sind, können wir damit rechnen, dass eine Pareto-Verteilung vorliegt.
Die Pareto-Verteilung ist kein Naturgesetz
Die Pareto-Verteilung ist ein Phänomen, das auftreten kann, aber nicht zwangsweise auftreten muss. Und selbst wenn eine Pareto-Verteilung vorliegt, bedeutet das in der Praxis nicht zwangsweise, dass sie den Punkt 80/20 enthält. Genauso gut kann sie den Punkt 90/20 oder 70/20 enthalten.
Die 80/20-Regel wird oft falsch angewendet
Wer sich typische Anwendungsbeispiele der 80/20-Regel ansieht und überprüft, ob die drei oben genannten Kriterien erfüllt sind, wird feststellen, dass das sehr häufig nicht der Fall ist. Das bedeutet nicht, dass ein 80/20 von vornherein auszuschließen ist. Es bedeutet aber, dass sich hinter einem beobachteten 80/20 nicht die Pareto-Verteilung, sondern purer Zufall verbirgt.
Schauen wir uns einige konkrete Beispiele an.
Beliebte Beispiele auf dem Prüfstand
Das Pareto-Prinzip ist kein Naturgesetz. Es ist ein Phänomen, das erwartet werden kann, wenn die drei oben genannten Kriterien erfüllt sind. Wenn nicht alle(!) Kriterien erfüllt sind, dann sollte die 80/20-Regel nicht angewendet werden.
80 Prozent der Kalorien nimmt man mit 20 Prozent der Nahrung auf?
- Viele Werte? Ja!
- Die Werte erstrecken sich über mehrere Größenordnungen? Ja!
- Einwirken unabhängiger Faktoren? Ja!
Alle Bedingungen sind erfüllt. Die Aussage, dass man mit den kalorienreichsten 20 Prozent der Nahrungsmittel 80 Prozent der Kalorien aufnimmt, könnte wahr sein.
(Ein Beispiel: Manchmal koche ich einen Aubergineneintopf, bei dem 80 Prozent der Kalorien nur aus Olivenöl und Pinienkernen stammen. Den Großteil des Volumens machen aber Auberginen und Tomaten aus, die so gut wie gar keine Kalorien haben.)
20 Prozent der Angestellten machen 80 Prozent der Arbeit?
- Viele Werte? Kommt darauf an!
- Die Werte erstrecken sich über mehrere Größenordnungen? Nein!
- Einwirken unabhängiger Faktoren? Kommt darauf an!
Die drei Bedingungen sind nicht erfüllt. Es ist unwahrscheinlich, dass in einem typischen Unternehmen 20 Prozent der Menschen tatsächlich 80 Prozent der Arbeit erledigen.
(Vermutlich glauben in vielen Unternehmen dennoch 20 Prozent der Mitarbeiter, sie würden 80 Prozent der Arbeit machen.)
80 Prozent der Infos stehen auf 20 Prozent der Seiten des Buches?
- Viele Werte? Ja!
- Die Werte erstrecken sich über mehrere Größenordnungen? Nein!
- Einwirken unabhängiger Faktoren? Ja!
Auch hier sind die drei Bedingungen nicht erfüllt.
Hier wäre zu klären, was mit „Information” genau gemeint ist. Geht es darum, was ein einzelner Leser wissen möchte oder ist Information hier objektiver gemeint.
20 Prozent der bei Amazon am meisten verkauften Bücher, sorgen für 80 Prozent des Umsatzes?
- Viele Werte? Ja!
- Die Werte erstrecken sich über mehrere Größenordnungen? Ja!
- Einwirken unabhängiger Faktoren? Jein!
Hier sind die drei Bedingungen nur zum Teil erfüllt. Eine Besonderheit ist, dass Amazon die Bestseller intensiv bewirbt, um sie noch häufiger zu verkaufen. Außerdem neigen die meisten Kunden dazu, eher einen Bestseller, als einen nicht-Bestseller zu kaufen. (Der Bestsellerstatus wird als Qualitätskriterium angesehen.)
Ich würde erwarten, dass die 20 Prozent meistverkauften Bücher für deutlich mehr als nur 80 Prozent des Umsatzes sorgen.
Das Pareto-Prinzip korrekt anwenden
Aus dem Pareto-Prinzip lassen sich einige sinnvolle Verhaltensregeln ableiten.
#1 | Im Vorfeld über Prioritäten nachdenken
Der meiner Meinung nach größte Nutzen des Pareto-Prinzips ist, dass es zum Nachdenken über Prioritäten anregt. Wenn wir, ohne nachzudenken, an eine komplexe Aufgabe herangehen, erledigen wir häufig zuerst die angenehmen Aufgaben und schieben alles Unangenehme auf die lange Bank. Irgendwann stellen wir dann fest, dass alles länger dauert, als geplant, und am Ende werden wir nicht fertig. Hätte man sich bereits im Vorfeld Gedanken über die Prioritäten gemacht, dann wäre man zwar möglicherweise auch nicht ganz fertig geworden, aber man wäre dem Ziel ganz bestimmt ein gutes Stück näher gekommen.
Konkret: Identifiziere in jedem Lebensbereich die wichtigsten 20 Prozent und mache sie dir zur Gewohnheit!
In jedem Lebensbereich gibt es Basics, die für den Großteil der Ergebnisse verantwortlich sind. Es macht Sinn, diese Basics zu identifizieren und sie sich zur Gewohnheit zu machen, sodass sie auf keinen Fall vernachlässigt werden.
Nur zwei Faktoren sorgen für einen großen Teil des Erfolgs!
Wissenschaftler haben herausgefunden, dass insbesondere zwei Faktoren für jede Art von Erfolg unerlässlich sind:
- Intelligenz
- Fokus und Konzentration
Da sich die Intelligenz eines Menschen kaum verändern lässt, ist Fokus und Konzentration der entscheidende Erfolgsfaktor. Im Prinzip ist Fokus und Konzentration nichts anderes als die sinnvolle Anwendung der 80/20-Regel.
Wenn du mehr zum Thema Fokus und Konzentration erfahren möchtest, dann könnte mein Buch Erfolg durch Fokus & Konzentration interessant für dich sein.
#2 | Unnötigen Perfektionismus vermeiden
Die letzten 20 Prozent zur Fertigstellung eines Projektes verschlingen 80 Prozent des gesamten Aufwandes. Perfektionismus kostet überproportional viel Zeit. Es macht daher Sinn, sich im Vorfeld die Frage zu stellen, wie perfekt das Endergebnis überhaupt sein sollte.
Achtung: Dies ist keine rhetorische Frage! In vielen Fällen macht es durchaus Sinn, Perfektion anzustreben – aber eben nicht immer.
Es lohnt nicht, die Ernährung zu überoptimieren
Man muss nicht lange suchen, um Menschen zu finden, die es mit ihrer Ernährung extrem genau nehmen und versuchen, alles zu perfektionieren. Das Problem dabei ist, dass die Ernährung nicht der einzige Faktor ist, der sich auf die Gesundheit auswirkt. Wer sich auf einen einzelnen Faktor fokussiert – zum Beispiel die Ernährung – neigt dazu, alle anderen Faktoren zu vernachlässigen. Unterm Strich fährt man am besten, wenn man für alle relevanten Faktoren ungefähr gleich viel Energie aufwendet.
Faulheit ist kein Drama
Wer das Pareto-Prinzip verstanden hat, setzt sich in Phasen der Faulheit automatisch weniger unter Druck. Wer anstatt zehn Stunden mal nur zwei Stunden produktiv ist, erreicht ja möglicherweise trotzdem 80 Prozent der gewohnten Ergebnisse. Kein Grund zur Panik!
Da drängt sich die folgende Frage auf:
Sind scheinbar faule Menschen wirklich faul?
Fast jeder kennt Menschen, die sich mit Minimalaufwand irgendwie durchs Leben mogeln. Das Pareto-Prinzip lässt diese Menschen in einem völlig neuen Licht erscheinen. Sind diese Menschen wirklich faul oder einfach nur Meister darin, die Prioritäten richtig zu setzen?
#3 | Scheinaufgaben erkennen
Jeder von uns führt regelmäßig Tätigkeiten durch, die kaum einen Effekt auf das entsprechende Endergebnis haben. Das Pareto-Prinzip motiviert uns, auf die Suchen nach diesen Tätigkeiten zu gehen. Solange wir den Glaubenssatz haben, alles sei gleich wichtig, sind wir für das Erkennen dieser Scheinaufgaben blockiert. Das Wissen um das Pareto-Prinzip kann diese Blockierung entfernen.
Wann es sich lohnt, die Extra-Meile zu gehen
Ein anschauliches Beispiel ist der Josephspfennig. Stelle dir vor, Joseph hätte für seinen Sohn Jesus im Jahre Null einen einzigen Cent mit 5 Prozent jährlicher Verzinsung angelegt. Bis zu welchem Betrag wäre das Vermögen bis zum Jahre 2000 angewachsen?
- Mit Zinseszins
- Ohne Zinseszins
Rate mal!
Im ersten Jahre wächst das Vermögen mit und ohne Zinseszins um 0,05 Cent auf 1,05 Cent. Im zweiten Jahr wächst das Vermögen ohne Zinseszins wieder um 0,05 Cent auf 1,10 Cent und mit Zinseszins um 0,0525 Cent auf 1,1025 Cent. Der Unterschied ist verschwindend gering. Die meisten Menschen würden ihm keine Beachtung schenken.
Ein Mensch mit Pareto-Brille würde möglicherweise sagen: „Drauf gepfiffen!” Auf lange Sicht macht es aber einen gewaltigen Unterschied: Ohne Zinseszins wäre aus dem einen Cent nach 2000 Jahren ein Gesamtbetrag von 1,01 Euro geworden. Immerhin das Hundertfache des Ursprungsbetrags.
Mit Zinseszins wäre ein Vermögen entstanden, das sich in Geld überhaupt nicht mehr sinnvoll quantifizieren lässt. In Gold ausgedrückt wären es über 400 Milliarden Kugeln aus purem Gold, von denen jede einzelne so groß wie die gesamte Erde ist. Das alles nur wegen eines vermeintlich kleinen Unterschieds, der sich erst über die Jahre zu einem großen Unterschied aufschaukelt.
Das Beispiel scheint dir vielleicht weit hergeholt und mit der Realität wenig zu tun zu haben. Ganz so irrelevant ist es aber nicht. Genau der gleiche kleine Unterschied, der darüber entscheidet, ob man sich nach 2000 Jahren nur eine Kugel Eis leisten oder mit großem Abstand die Forbes Liste der reichsten Menschen des Planeten anführen kann, entscheidet sehr wahrscheinlich auch darüber, welcher Blog und welcher YouTube- oder Social-Media-Kanal nach ein paar Jahren riesig groß ist, oder niemanden interessiert.
Überall dort, wo exponentielles Wachstum vorliegt, lohnt es sich, die Extra-Meile zu gehen. Hier blind auf Pareto zu setzen wäre fatal!
Fazit
Das Pareto-Prinzip ist ein mächtiges Instrument. Wer es auf kluge Art und Weise einsetzt, kommt sehr viel schneller ans Ziel. Man sollte natürlich wissen, wo man überhaupt hin möchte. Mit anderen Worten: Das Pareto-Prinzip ist nutzlos, wenn man kein konkretes Ziel verfolgt. (Wie man persönliche Ziele findet, erkläre ich in einem separaten Artikel.)
Vielen Dank, lieber Jan, für diesen großartigen Artikel über das Pareto Prinzip.
Bei der Erklärung mit den drei Prinzipien, wann Pareto anwendbar ist, hatte ich ein bisschen meine Schwierigkeiten. Ich persönlich finde diese Kriterien zu schwammig, und damit schwer anwendbar.
Womit du mich allerdings sofort hattest, waren die Fallstricke. Insbesondere der Josephspfennig war einfach das perfekte Beispiel zur Veranschaulichung des Problems: mit Pareto kann man ganz schön auf die Nase fallen. Wenn man es an den an den falschen Stellen anwendet.
Vielen Dank noch mal und weiter so mit diesem großartigen Blog.
Hallo Holger,
vielen Dank für Blumen :) Ja, die Kriterien sind in Tat schwammig … Pareto ist halt keine strenge Wissenschaft und es gibt große Graubereiche, anstatt scharfer Grenzen, innerhalb derer „Pareto” gilt.
Viele Grüße,
Jan