27.08.2021 / Dr. Jan Höpker / Kategorie: Persönlichkeitsentwicklung

Soziale Beziehungen verbessern, Kommunikation verbessern

Wie kann ich meine zwischenmenschlichen Beziehungen bereichern? Wie kann ich eine chaotische Beziehung retten? Wer sich diese Fragen stellt, findet hier sechs Antworten.

Beziehungen sind der Sinn des Lebens

Eine wissenschaftliche Langzeitstudie hat ergeben, dass nichts im Leben auch nur annähernd so wichtig ist, wie die Qualität unserer sozialen Beziehungen.

Die Qualität unserer Beziehungen ist ein zuverlässiger Indikator für:

  • Unsere Lebenserwartung
  • Den körperlichen Verfall im mittleren und fortgeschrittenen Alter
  • Unsere Gehirngesundheit und Gedächtnisleistung im Alter
  • Unsere allgemeine Lebenszufriedenheit

Auf die Qualität der Beziehungen kommt es an

Interessanterweise spielte die Anzahl der sozialen Beziehungen kaum eine Rolle.

Eine einzige erfüllende Freundschaft oder Partnerschaft ist besser als hunderte oberflächliche Bekanntschaften.

In diesem Artikel stelle ich sechs Methoden vor, mit denen man die Qualität jeder zwischenmenschlichen Beziehung auf einfache Weise deutlich verbessern kann.

#1 | Nicht mutmaßen, sondern nachfragen!

Diese Methode stammt aus dem Buch Machen wir uns nichts vor* von Nicholas Eppley.

Beziehungen leiden unter Missverständnissen

Missverständnisse entstehen immer dann, wenn wir über die Gefühle, Pläne und Meinungen unserer Mitmenschen mutmaßen, ohne uns zu vergewissern, ob wir richtig geraten haben.

Wir bilden uns viel auf unsere Fähigkeit ein, die Gedanken unserer Mitmenschen zu lesen.

Untersuchungen haben aber gezeigt, dass wir diese Fähigkeit massiv überschätzen, und zwar umso mehr, je stärker wir unsere Gedankenlesefähigkeit einschätzen.

In Beziehungen sammeln sich mit der Zeit immer mehr Missverständnisse an

Insbesondere in langjährigen zwischenmenschlichen Beziehungen kommt es häufig zu Missverständnissen.

Je länger wir uns kennen, umso mehr glauben wir, unser Gegenüber richtig einschätzen zu können. Es handelt sich leider um eine Illusion.

Praxistipp #1: Nachfragen

Nicht so viel mutmaßen, sondern nachfragen!

Wer sich an diesen Tipp hält, profitiert außerdem noch von einem positiven Nebeneffekt: Menschen reden gerne über sich selbst. Wenn wir unser Gegenüber befragen, geben wir ihm das Gefühl, dass er uns wichtig ist. Dadurch wird die Bindung noch weiter gestärkt.

#2 | Formuliere Ich-Botschaften

Diese Methode kommt aus dem Buch Miteinander reden* von Friedemann Schulz von Thun.

Mit Ich-Botschaften stressfrei Kritik üben

Die meisten Menschen beschränken sich beim Kritisieren und beim Mitteilen ihrer Bedürfnisse und Gefühle auf Du-Botschaften.

Beispiele für Du-Botschaften

Du lässt immer deinen Müll rumliegen!

Du bist immer so gemein zu mir!

Du hörst mir nie zu!

Das Problem von Du-Botschaften ist, dass sich das Gegenüber angeklagt und in eine Ecke gedrängt fühlt.

Wenn man mit Du-Botschaften konfrontiert wird, kann man oft gar nicht anders, als trotzig zu reagieren (Reaktanz).

Die Folge ist, dass die Beziehung Schaden nimmt, während das Problem weiterhin bestehen bleibt. Eine Lose-lose-Situation.

Praxistipp #2: Ich-Botschaften

Beispiele für Ich-Botschaften

Es stört mich, dass hier Müll rumliegt.

Ich fühle mich ungerecht behandelt.

Es kommt mir so vor, als ob du mir nicht richtig zuhörst.

Durch das Formulieren von Ich-Botschaften macht man das Problem zu seinem eigenen Problem.

Der Andere wird nicht in eine Ecke gedrängt. Aus dieser Position heraus kann er der (impliziten) Handlungsaufforderung der Ich-Botschaft nachkommen, ohne sein Gesicht zu verlieren.

Wer Ich-Botschaften anstelle von Du-Botschaften formuliert, wird um ein Vielfaches öfters das bekommen, was er haben möchte, und zahlt gleichzeitig auf das emotionale Konto des Gegenübers ein. Eine Win-win-Situation.

Mehr zum Thema Ich-Botschaften in einem ausführlichen Artikel

Ich-Botschaften – Die #1 Regel für konstruktive Kritik

Ich-Botschaften sind eine Grundvoraussetzung für konstruktive Kritik und ein Meilenstein der Persönlichkeitsentwicklung.

In diesem Artikel erfährst du, wie du mit Ich-Botschaften erfüllende soziale Beziehungen führst und Menschen konstruktiv und stressfrei kritisierst.

#3 | Empathisches Zuhören ist Platin

Diese Methode stammt aus dem Buch Die 7 Wege zur Effektivität* von Stephen R. Covey.

Zuhören ist besser als reden

Die meisten Menschen reden zu viel von sich selbst, hören zu wenig zu und stellen zu wenige Fragen.

Viele Menschen hören anderen nicht zu

Während ihr Gesprächspartner spricht, bereiten sie in Gedanken ihre eigene Rede vor.

Oder sie unterbrechen ihr Gegenüber bei bestimmten Stichworten, um ihre eigenen Erlebnisse und Erfahrungen zum Thema mitzuteilen.

Viele Menschen stellen zu wenige Fragen

Sie hören zwar zu, aber sie machen bereits Lösungsvorschläge, bevor sie das Problem richtig verstanden haben.

Reden zu dürfen ist besser als Tipps zu erhalten

Vereinfacht gesprochen werden Selbstheilungskräfte aktiviert, wenn man sich Sorgen und Probleme von der Seele redet.

Nachdem man über die eigenen Probleme gesprochen hat, geht es einem meist deutlich besser – auch wenn das Problem dadurch nicht gelöst wird.

Praxistipp #3: Zuhören

Noch besser als passives Zuhören ist das empathische Zuhören. Wer empathisch zuhört, stellt gezielt Fragen, insbesondere zu den Gefühlen des Gesprächspartners.

Die Qualität von zwischenmenschlichen Beziehungen steigt, wenn die Beteiligten das Gefühl haben, verstanden zu werden.

#4 | Stressfreie Metakommunikation

Aus dem Buch Miteinander reden* von Friedemann Schulz von Thun.

Metakommunikation: über die Kommunikation kommunizieren

Metakommunikation heißt, die Kommunikation selbst zum Gesprächsthema zu machen.

In sozialen Beziehungen läuft die Kommunikation nicht immer rund

Man redet aneinander vorbei, oder eine Botschaft wird nicht so verstanden, wie sie gemeint war.

In diesem Fall kann es hilfreich sein, das Kommunikation auf der Metaebene direkt anzusprechen.

Anstatt auf die Metaebene zu wechseln, wiederholen die meisten Menschen immer wieder nur das, was sie bereits gesagt haben.

Wenn auch das nicht hilft, werden lauter, und ihre Gereiztheit ist nicht zu überhören.

Kommunikation ist mehr als Austauschen von Informationen

Wenn ihr Gegenüber nicht so reagiert, wie sie erwartet hatten, gehen die meisten Menschen davon aus, dass ihre Botschaft auf der Sachebene nicht verstanden wurde.

Das tatsächliche Problem ist meist ein ganz anderes.

Oft meinen wir es mit unseren Aufforderungen und Appellen nur gut, aber durch die Art und Weise, wie wir diese kommunizieren, zwingen wir unser Gegenüber dazu, unsere Ratschläge nicht annehmen zu können, weil er sich uns unterordnen müsste.

Wir haben alle diese Erfahrung gemacht

Vater oder Mutter gaben uns den Befehl, eine Jacke anzuziehen, weil es draußen kalt war. Anstatt die Jack anzuziehen, was eine gute Idee gewesen wäre, waren wir innerlich blockiert: Wir konnten die Jacke einfach nicht anziehen, nicht nachdem wir in diesem Ton dazu aufgefordert wurden.

Praxistipp #4: Metakommunikation

In dieser Situation kann man nur weiterkommen, indem man seinem Gegenüber mitteilt, warum diese Art der Kommunikation destruktiv ist.

Die Voraussetzung ist, dass man sich ein wenig mit Kommunikation auskennt. Zu diesem Zweck empfehle ich das Buch Miteinander reden (Teil 1)* von Friedemann Schulz von Thun.

#5 | Nach Win-Win-Möglichkeiten suchen

Aus dem Buch Die 7 Wege zur Effektivität* von Stephen R. Covey.

Kompromisse sind nicht das bestmögliche Ergebnis

Bei Meinungsverschiedenheiten suchen die meisten Menschen instinktiv nach Kompromissen.

Bei Kompromissen bekommt niemand, was er möchte

Kompromisse sind eine Art Mittelwert: Jeder bekommt etwas, aber niemand bekommt das, was er ursprünglich wollte.

Der Mann möchte ein blaues Auto, die Frau möchte ein gelbes Auto, und am Ende wird ein grünes Auto gekauft (die Mischfarbe).

Person A möchte in die Berge, und Person B möchte ans Meer. Am Ende fährt man an einen See mit kleinen Bergen in der Nähe. Wieder ein Durchschnittswert.

Praxistipp #5: Win-win statt Kompromissen

Zum Beispiel könnte Person A das Urlaubsziel aussuchen, und Person B die Farbe des Autos. So hat jeder zumindest einmal genau das, was er sich gewünscht hat.

Win-win-Möglichkeiten zu finden, erfordert eine neue Denkweise

Da wir in dieser Denkweise (noch) nicht geübt sind, tun wir uns am Anfang schwer damit Win-win-Möglichkeiten zu finden.

#6 | Auf emotionale Konten einzahlen

Aus dem Buch Die 7 Wege zur Effektivität* von Stephen R. Covey.

In jeder Beziehung gibt es 2 emotionale Konten

Immer wenn wir einen Menschen artgerecht behandeln, zum Beispiel indem wir die Tipps #1 bis #5 aus diesem Artikel beherzigen, zahlen wir auf sein emotionales Konto ein.

Je besser dieses Konto gefüllt ist, umso eher kann man auch mal von diesem Konto abheben ohne, dass die Beziehung oder Freundschaft darunter leidet.

Wenn das Konto hingegen leer ist, wird einem jede Kleinigkeit übel genommen.

Praxistipp #6: Regelmäßig einzahlen

Einfach die Tipps aus diesem Artikel anwenden!

Bücher für bessere Beziehungen

Hi, hier schreibt Dr. Jan Höpker. Ich bin Wissenschaftler (Chemiker), Autor und Gründer der Websites HabitGym und Der perfekte Ratgeber. Mit meinem Buch Erfolg durch Fokus & Konzentration habe ich bis heute mehr als 20.000 Leser erreicht und ihnen dabei geholfen, fokussierter zu leben, zu lernen und zu arbeiten. Hier erfährst du mehr über mich.

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  • Dankeschön für den Aufwand :) bin sehr begeistert von der Studie und habe mich dann auch gefragt was man da jetzt genau machen kann um die Qualität der Beziehungen zu verbessern. Du hast mir sehr geholfen!

    • Hallo Frank,

      Danke für den Tipp. Marshall Rosenberg kannte ich noch gar nicht. Er hat sehr viele Bücher geschrieben. Gibt es eines, welches Du für den Einstieg besonders empfehlen würdest?

      Viele Grüße,
      Jan

      • Im Gründe genommen sind sie alle sehr gut.
        Wie wäre es mit
        Konflikte lösen mit gewaltfreier Kommunikation?
        Weitere empfehlens­werte Bücher über Kommuni­kation habe ich hier gelistet.
        Liebe Grüße
        Frank

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