Es gibt nur eine Möglichkeit, Einfluss auf die Qualität deines Lebens zu nehmen: Bessere Entscheidungen treffen, denn dein Leben ist die Summe deiner Entscheidungen! Der Schlüssel zu besseren Entscheidungen: deine Werte. Hier erfährst du, wie du diese Superkraft (deine Werte) zum Leben erwecken kannst.
„Warum hast du das getan?”
Kleine Kinder sagen einfach:
„Darum!”
Oft ist das die einzig richtige Antwort. Erwachsene dürfen diesen Joker leider nicht ausspielen.
Die Gefahr, dass wir uns rechtfertigen müssen, schwebt wie ein Damoklesschwert permanent über unseren Köpfen. Um uns abzusichern, treffen wir unsere Entscheidungen auf der Basis von Zahlen, Daten und Fakten. Optionen, die sich nicht begründen lassen, verwerfen wir einfach.
In einer Welt, die sich immer schneller dreht, stößt man mit dieser Vorgehensweise immer häufiger an Grenzen.
Zu viele Möglichkeiten.
Zu wenig Zeit.
Ein Ozean an Informationen, in dem man leicht ertrinken kann.
Aus Angst, sich falsch zu entscheiden, entscheiden viele Menschen gar nicht mehr.
Das Problem: Man kann nicht nicht entscheiden. Sich nicht zu entscheiden heißt zu entscheiden, dass andere entscheiden. Wohin das führt, hat Jim Rohn perfekt auf den Punkt gebracht:
„Du brauchst einen eigenen Plan, sonst wirst du ganz schnell zum Teil des Plans von anderen. Und rate mal, was die anderen für dich geplant haben. Nicht viel!”
Wer sich nicht entscheidet, findet sich vor dem Karren der anderen wieder. Zum kleinstmöglichen Lohn.
Der Schlüssel zu guten Entscheidungen: Werte!
Was sind Werte?
Alle Menschen haben verschiedenste Bedürfnisse, die befriedigt werden wollen. (Genaueres erfährst du in meinem Artikel über die Maslowsche Bedürfnispyramide.)
Bedürfnisse zu befriedigen ist eine Sisyphusarbeit. (Sisyphus ist der Typ aus der griechischen Mythologie, der jeder Tag aufs Neue den gleichen Stein den gleichen Berg hinaufrollen muss.) Im Grunde tun wir den ganzen Tag nichts anderes, als unsere Bedürfnisse zu befriedigen. Trotzdem kommen wir niemals an, denn es entstehen immer neue Bedürfnisse. Zu leben heißt dieses Spiel zu spielen.
Wie bei jedem anderen Spiel auch, hat derjenige einen Vorteil, der eine gute Strategie verfolgt. Durch Versuch und Irrtum selbst herauszufinden, mit welchen Strategien die Bedürfnisse am besten befriedigt werden können, wäre sehr aufwendig. Die Arbeit kann man sich sparen, denn andere Menschen haben längst alles herausgefunden.
Von frühester Kindheit an halten wir nach Menschen Ausschau, die aussehen, als ob sie bereits den Erfolg haben, den wir uns für unser eigenes Leben wünschen.
Diese Menschen inspirieren uns.
Wir übernehmen ihr Verhalten und ihre Denkmuster.
Wir imitieren sie.
Wir kopieren nicht jeden einzelnen Gedanken und jede einzelne Körperbewegung dieser Menschen, sondern die Essenz von alledem: Ihre Werte beziehungsweise Wertvorstellungen. Dieser Vorgang läuft automatisch, weitgehend unbewusst und freiwillig ab.
Es ist wichtig, zwischen einem erzwungen Verhalten und einem wertebasierten Verhalten zu unterscheiden. Wenn Schüler unter Androhung von Strafe darauf dressiert werden, morgens pünktlich in der Schule zu erscheinen, mag es auf den ersten Blick so aussehen, als habe man ihnen den Wert Pünktlichkeit vermittelt. Aber stimmt das wirklich? Sind die Schüler auch im Privatleben pünktlich? Kommen sie rechtzeitig zu Verabredungen? Wäre die Pünktlichkeit tatsächlich einer ihrer Werte, dann wären sie immer pünktlich.
Die Werte-Liste
Jeder Mensch hat Werte. Die folgende Liste enthält 278 mögliche Werte. Wir werden später noch auf diese Liste zurückkommen.
Definitionen vieler einzelner Werte gibt es auf dieser Webseite.
Andere Menschen, andere Werte
Aus dem Mathematikunterricht wissen wir, dass es Probleme gibt, die nicht nur eine, sondern mehrere gleichwertige Lösungen haben. (Zum Beispiel die quadratischen Gleichungen.)
So ist es auch im echten Leben: Bedürfnisse können auf verschiedene Art und Weise befriedigt werden. Entsprechend gibt es keine objektiv richtigen und objektiv falschen Werte.
Mit Menschen kooperieren, die andere Werte haben
Unsere Werte beeinflussen unsere Denkmustern, Glaubenssätzen und Gefühle. So bestimmen sie indirekt unser Verhalten und entsprechend auch unsere Resultate.
Wenn ich gewohnt bin, ein bestimmtes Ziel mit den Werten A, B und C zu erreichen, während eine andere Person, das gleiche Ziel mit den Werten D, E und F verfolgt, dann sollten wir lieber nicht kooperieren, denn Probleme wären vorprogrammiert.
Man stelle sich einen Wagen vor, an dem zwei Seile befestigt sind. Wenn ich nach links ziehe, während die andere Person nach rechts zieht, bewegt sich der Wagen kein Stück.
Hier ist 1+1=0
Besser wäre es, mit einer Person zu kooperieren, die meine Werte teilt. Vielleicht steckt der Wagen so tief im Dreck, dass ich ihn alleine nicht bewegen kann. Wenn aber zwei Personen in die gleiche Richtung ziehen, kann die Haftreibung überwunden werden.
Hier ist 1+1 > 2 (Stichwort: Synergie.)
Wer nur mit Menschen kooperiert, die den Wagen in die gleiche Richtung ziehen, hat einen klaren Vorteil. Schon aus evolutionären Gründen dürften Menschen empfindlich auf die Werte anderer Menschen reagieren. Menschen, die unsere Werte teilen ziehen uns an – und Menschen, die andere Werte haben, stoßen uns ab.
Es kommt zu einer Entmischung beziehungsweise Clusterbildung. Die Abneigung kann so groß werden, dass es zum Krieg kommt. Und alles nur, weil es verschiedene gleichwertige Lösungen für ein und dasselbe Problem gibt.
Das Problem ist, dass uns die Lösungen nicht gleichwertig vorkommen. Unsere Lösung fühlt sich besser an. Ein gutes Beispiel ist die Nahrungsaufnahmen: Wir finden es völlig ok, Schimmelpilze in Körperflüssigkeit aus Kühen zu züchten und das ganze zum Frühstück zu essen (Käse), ekeln uns aber vor frittierten Insekten. Objektiv betrachtet, sind dies gleichwertige Strategien zur Befriedigung des Bedürfnisses nach Energie und Nährstoffen. Sie fühlen sich aber nicht gleichwertig an.
Interne Wertekonflikte
Wertekonflikte können nicht nur zwischen unterschiedlichen Individuen und Gruppen auftreten, sondern auch in den einzelnen Individuen. Wie gesagt ist es nicht so, dass einzelne Werte gut oder schlecht sind, aber es gibt gute und schlechte Kombinationen von Werten. Warum?
Weil Werte miteinander in Konflikt geraten können.
Denkbar (und verbreitet) ist der Konflikt zwischen Wohlstand und Nachhaltigkeit. Es gibt Menschen, die Ressourcenverschwendung falsch finden und trotzdem mehrmals pro Jahr in den Urlaub fliegen wollen. Ein weiterer verbreiteter Konflikt ist der zwischen Leistung und Gesundheit. Menschen wollen gesund sein, sparen aber am Schlaf und ernähren sich ungesund, weil es schnell gehen muss.
Interne Wertekonflikte bremsen aus
Wer schon einmal mit einem verrosteten Fahrrad gefahren ist, bei dem die Bremsbeläge an der Felge gerieben haben, kennt das Gefühl, trotz größter Kraftanstrengung nicht wirklich vom Fleck zu kommen. Ein gut geöltes Fahrrad fährt sich ganz anders und man kommt schneller voran. Warum? Weniger Verluste durch Reibung!
Wertekonflikte = Reibung
Ein gut austariertes Wertesystem = weniger Reibung
Hier geht es nicht um mechanische Reibung, sondern um Reibung im Kopf:
- Schlechtes Gewissen
- Unsicherheit
- Zweifel
- Usw.
Das alles raubt uns Energie.
Die Lösung:
Werte optimieren
Es gibt (mindestens) zwei gute Gründe, sich die eigenen Werte bewusst zu machen.
- Wer seine Werte kennt, trifft bessere Entscheidungen (diese dürfen dann auch mit „Darum!” begründet werden.)
- Wer seine Werte und Wertekonflikte kennt, kann Reibung minimieren.
Die folgende Übung dauert etwa eine Stunde. Die Investition lohnt sich! (Ich habe die Übung gestern selbst gemacht und habe dabei einige interessante Dinge herausgefunden. Später mehr dazu.)
Sich die eigenen Werte bewusst machen (Schritt 1)
Gehe die Werte-Liste durch (siehe weiter oben im Artikel) und schreibe 20 Werte heraus, von denen du dich am meisten angesprochen fühlst. Gehe dabei intuitiv vor. Du wirst schon merken, wenn ein Wert Resonanz bei dir hervorruft.
Widerstehe der Versuchung, dich mit irgendwelchen Werten zu schmücken, um dein Image zu polieren, so wie das Unternehmen gerne machen. Das Ziel der Übung besteht darin, deine höchstpersönlichen Werte zu finden. Wie fühlt sich das jeweilige Wort an? Neutral? Oder bewegt sich was?
Wenn du mehr als 20 Werte gefunden hast (und keine Werte streichen möchtest), dann kannst du ähnliche Werte zu Gruppen zusammenfügen. (Ich habe zum Beispiel jeweils Intelligenz und Scharfsinn, Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit, Kompetenz und Objektivität und Ordnung und Stille gruppiert.)
Meine 20 Werte | Links: Wertkonflikte. Rechts: Rangliste meiner Werte (In Klammern: Konflikte.)
Wertekonflikte aufspüren (Schritt 2)
Ordne deine 20 Werte auf einem großen Blatt Papier kreisförmig an (siehe Foto) und verbinde alle Werte, die miteinander kollidieren könnten.
Es ist keine strenge Wissenschaft. Die folgenden Fragen können dir helfen, falls du Probleme hast, Konflikte zu finden.
- In welchen Situationen sind diese Werte bereits aneinandergeraten?
- In welchen denkbaren Situationen könnte es erneut zu Problemen kommen?
Bei mir kollidieren beispielsweise Freiheit und Leistung, Klarheit und Intelligenz, Toleranz und Objektivität usw. Insgesamt habe ich 15 Kollisionen gefunden. Die meisten Kollisionen (insgesamt 5) gehen von meinem Wert Toleranz aus.
Werte hierarchisch ordnen (Schritt 3)
Eine gute Methode zum Ordnen der Werte kommt von Jan Lenarz:
Entscheide für jede 2er-Kombination welcher Wert dir wichtiger ist. (Bei 20 Werten sind das 190 Paarungen). Der Gewinner bekommt einen Punkt (Ich habe eine Strichliste geführt). Am Ende werden die Punkte zusammengezählt und es wird eine Rangliste erstellen. (Siehe Foto). Die wichtigsten Werte stehen oben.
Die wichtigsten Wertekonflikte identifizieren (Schritt 4)
Die Wertekonflikte haben wir zwar schon identifiziert, aber es sind zu viele, um sie alle gleichzeitig zu behandeln. Deswegen suchen wir die beiden wichtigsten Konflikte. Dies sind die Konflikte der Werte, die in der Rangliste am weitesten oben stehen.
Was kam bei mir raus?
Meine Top5 Werte sind:
(#1) Authentizität.
(#2) Freiheit und Kompetenz/Objektivität.
(#4) Intelligenz/Scharfsinn.
(#5) Leistung.
Meine Low5 habe ich auch herausgesucht. Es sind diejenigen Werte aus der Liste, die mich am meisten abstoßen: Strenge, Vergnügen, Kontrolle, Dominanz, Frömmigkeit (ohne Reihenfolge).
Als ich meine Top-Werte gesehen habe, wurde mir sofort klar, warum ich noch nie in einem großen Konzern arbeiten oder allgemein Dinge tun wollte, für die ich mich hätte verstellen muss.
Es gibt einen Wertekonflikt zwischen meiner #2 Freiheit und meiner #5 Leistung. Ein weiterer Konflikt besteht zwischen meiner #4 Intelligenz/Scharfsinn und meiner #10 Klarheit.
Der Konflikt zwischen Freiheit und Leistung äußert sich unter anderem darin, dass ich während der Arbeit oft an Freizeit und in der Freizeit oft an Arbeit denke. So bin ich selten zu 100 % bei dem, was ich gerade tue. Gelegentlich lehne ich auch vielversprechende Kooperationsanfragen intuitiv ab, weil ich meine Freiheit bedroht sehe.
Auswirkungen des Konfliktes zwischen Intelligenz/Scharfsinn und Klarheit bekomme ich ebenfalls häufiger zu spüren. Ich zweifle an einfachen Lösungen und finde komplizierte Lösungen nicht einfach genug.
Werte ändern
Es kann Sinn machen, neue Werte zu implementieren. Per Knopfdruck und von heute auf morgen geht das natürlich nicht.
Neue Werte hinzufügen
Wir haben die Möglichkeit, uns bewusst für neue Werte zu entscheiden, um bestimmte Ziele zu erreichen: Nehmen wir einmal an, ich sei ein Schüler, der ständig in Konflikt mit seinen Lehrern gerät, weil er jeden Tag zu spät zum Unterricht kommt. Ich komme zu spät, weil ich morgens gerne länger schlafe. Pünktlichkeit ist mir eben nicht so wichtig – sie gehört nicht zu meinen Werten. Möglicherweise gehört aber Erfolg zu meinen Werten, und bald fällt mir auf, dass zwischen Erfolg und Pünktlichkeit ein wichtiger Zusammenhang besteht. Um erfolgreicher zu werden, ernenne ich die Pünktlichkeit zu einem meiner Werte. Von nun an komme ich nicht mehr zu spät zum Unterricht. Die Pünktlichkeit hat in meinem Leben eine höhere Priorität erhalten. Da mir nun wichtig ist, pünktlich zu sein, gebe ich mir Mühe, mein Leben so zu organisieren, dass ich abends früher ins Bett komme, sodass ich morgens rechtzeitig aufstehen kann.
Unpassende Werte entfernen
Ich glaube nicht, dass es sinnvoll und möglich ist, Werte zu entfernen.
Bessere Entscheidungen treffen
Entscheidungen, die auf Werten basieren, bereuen wir so gut wie nie. Deshalb: Entscheide dich für diejenige Option, die mit deinen wichtigsten Werten harmoniert. Die einzig wahre Begründung lautet:
„Weil es mir wichtig ist!”
P.S.: Welches sind Deine 5 wichtigsten Werte? Schreibe mir gerne einen Kommentar. Es interessiert mich wirklich.
Hi Jan,
Super Artikel!
Meine Werteanalyse vor einem Jahr hat (nach einer Gruppierung) 10 Werte ergeben. Ich habe lediglich die ersten drei Plätze vergeben (Sicherheit, Fleiß, Hilfsbereitschaft) Die anderen 7 Werte sind gleichwertig.
Wie stabil sind deiner Meinung nach Werte?
Ich habe nach dem Lesen eines Buches zum Beispiel einen (nur rationalen?) Denkanstoß bekommen, der mich meinen #1 Wert Sicherheit überdenken lässt.
Machst du deine Werteanalyse in regelmäßigen Abständen? Und mir unterschiedlichen Ergebnissen?
Viele Grüße,
Alex
Hey Alex, Dankeschön :)
Ich vermute, dass die wichtigsten Werte sehr stabil sind und mit hoher Wahrscheinlichkeit für immer bestehen bleiben. In Extremsituationen, wie zum Beispiel bei einer schweren Krankheit oder wenn es zum Krieg kommt, können sich diese wichtigsten Werte sicherlich ändern, aber zum Glück ereignen sich solche Situationen nur sehr selten. Je weniger weit oben die Werte in der Hierarchie stehen, umso leichter können sie geändert werden.
Dass wir Werte überdenken, wie das bei dir der Fall ist, dürfte schon regelmäßig vorkommen, aber ich vermute, dass die Werte dadurch nur infrage gestellt, aber letztlich nicht verändert werden.
Bis jetzt mache ich meine Werteanalyse übrigens nicht regelmäßig.
Viele Grüße, Jan